Eine Hochzeit ist stressig, eine türkische ist süß

22. Oktober 2015

Türkische Hochzeiten sind prachtvoll. Hunderten von Gästen wird ein Erlebnis geboten. Das mehrgängige Essen ist köstlich und die Shows sind sehr unterhaltsam. Das Ehepaar sitzt auf einem erhöhten Thron und lächelt würdevoll auf das Publikum runter. Die Vorbereitungen sind das Gegenteil.

 

Miray E. ist kurz davor zu heiraten. Sie hat sich schon verlobt und die Vorbereitungen für die kommende Hochzeit laufen. Geboren wurde sie in Stuttgart, kommt aber ursprünglich aus der Türkei. Nebenher schreibt sie ihre Doktorarbeit in London und forscht in Oxford. Ihren Verlobten Tankut hat sie durch ihre gemeinsame Betreuerin an der Universität kennen gelernt. Großer Stress scheint vorprogrammiert zu sein. Gleicht eine türkische Hochzeit tatsächlich einem Burnout oder geht’s voll, Miray?

 

Warum heiratet ihr überhaupt?

Miray: Erstens weil wir uns lieben und zweitens weil wir uns sehr gut verstehen. Wir haben eine ähnliche Einstellung im Leben und verbringen liebend gerne Zeit gemeinsam. Wieso nicht? Ich könnte Dir noch unzählige weitere Faktoren nennen, aber auf einen Nenner gebracht würde ich wohl sagen, dass wir einfach viel Spaß miteinander haben und das Leben gemeinsam führen und teilen möchten. Selbstverständlich wäre das alles auch ohne eine Eheschließung möglich. Jedoch möchte ich ihn in Zukunft als meinen „Ehemann“ an vorstellen und nicht als Partner oder Freund etc. Ich mag es, mich an Traditionen und Werte zu halten.

 

 

Was war besonders schwierig für dich?

Miray: In der türkischen Tradition gibt es viele Schritte bis zur Hochzeit. Die traditionellen Regeln, die man beachten muss, sind manchmal kitschig, manchmal sehr wichtig, manchmal überflüssig, und manchmal auch einfach nur amüsant. Wobei jede „Regel“ eine Metapher hat. Der erste Schritt ist „istenmek“. Der Bräutigam und seine Familie besuchen die Braut und ihre Familie. Sie halten um die Hand der Braut an. Im Deutschen hört sich das komisch an, dieser Schritt ist mit starken Emotionen verbunden. An diesem speziellen Abend muss der Bräutigam Schokolade und Blumen mitbringen. Danach wird Kaffee serviert und die Schokolade den Gästen angeboten. Der Bräutigam bekommt Salz in seinen Kaffee reingestreut, welchen er dann austrinken muss. Trinkt er ihn ganz aus, so hat dies eine spezielle Bedeutung. Ich persönlich wollte das zum Beispiel nicht – ich habe ihm den Kaffee ohne Salz zubereitet. Jedoch haben meine Freundinnen heimlich den türkischen Kaffee beim Servieren versalzt.

Wenn alles passt und jeder einverstanden ist kommt anschließend das „Söz“, das heißt das Paar bekommt im Zeichen des Versprechens Ringe. Danach kommt die Verlobung (Nisan). Die drei kann man auch kombinieren und den kurzen Weg gehen, quasi nur einen Schritt daraus machen.

Für mich persönlich war das Schwierigste jede traditionelle Regel zu berücksichtigen und anzuwenden. Es gibt da 1000 Kleinigkeiten, die man meistens nicht alle kennt.  

 

Wie haben deine Eltern reagiert?

Miray: Meine Eltern waren positiv angetan. Meine Eltern wollten, dass ich mir zu 100% sicher bin und meinten ich soll mir Zeit bei der Entscheidung lassen.

 

hochzeit
Miray und Tankut

 

Versuchen dich die Leute in deinen Hochzeitsvorbereitungen zu beeinflussen?

Miray: Ja, wirklich jeder gibt seinen Senf dazu. Ich höre mir alle Meinungen an und dann siebe ich aus. Die guten Vorschläge nehme ich auf und die schlechten ignoriere ich. Die letzte Entscheidung liegt definitiv bei mir und meinem Partner. Natürlich respektiere ich die Wünsche meiner Eltern und versuche diese zu berücksichtigen.

Die Vorbereitungen für die Verlobung im Sommer waren eine gute Übung für mich. Für die Hochzeit habe ich jetzt mehr Erfahrungen. Ich muss sagen, es ist definitiv stressig. Aber ich will diesen Stress als junge Frau nicht missen.

Freundinnen spielen während dieser Zeit eine große Rolle. Die meisten Entscheidungen werden vorerst mit den Freundinnen abgesprochen und ausdiskutiert. Wochenlang habe ich mit meinen Freundinnen die Organisation der Verlobung gemacht. Sie standen mir stets zur Seite und werden das auch bis zur Ehe.

 

Nicht nur Freundinnen. Auch Freunde! Was ist eine gelungene Hochzeit für dich?

Wenn alle Freunde und Familienangehörige kommen und jeder einzelne Gast mindestens genauso viel Spaß und Freunde wie ich hat. Dann ist es für mich eine gelungene Hochzeit. Für mich ist das Wohlbefinden der Gäste sehr wichtig. Im Grunde sollte die Hochzeit bis ins Detail perfekt sein. Man heiratet ja nicht immer. Ich will wirklich jeden Schritt bis zur Hochzeit und an dem Hochzeitstag fühlen. Wenn ich mich in der Zukunft an meinen besonderen Tag, an meinen Hochzeitstag zurückerinnern werde, möchte ich das meine Erinnerungen voll von positiven Gefühlen geprägt sind. Vom Gefühl her soll sich alles richtig anfühlen. Ich will selber überzeugt sein von meiner Hochzeit.

 

Wie viele Gäste wirst du einladen?

Miray: Normalerweise werden um die 800-900 Gäste zu einer türkischen Hochzeit eingeladen. Ich werde aber nur 200-300 Leute einladen. Ich will, wie eben beschrieben, eine herzhafte und intensive Atmosphäre zwischen den Gästen verschaffen.

 

Wie wird dein Kleid aussehen.

Miray: Eine sehr gute Freundin von mir ist Designerin. Wir werden zusammen daran arbeiten. Es soll ein Herzstück werden. Umso mehr ist es für mich bedeutend, später zurückzublicken und erzählen zu können, dass meine enge Freundin mich an meinem Hochzeitstag mit ihrem Geschick und Talent geehrt hat.

 

Wo wird die Hochzeit sein?

Miray: Seit meiner Kindheit träume ich schon davon. Sie wird in Istanbul sein und zwar direkt am Wasser. Ich liebe den Bosporus.

 

Die Erfahrung ist sehr intensiv und stressig. Aber es ist „tatli telas“ für mich. Das kommt aus dem Türkischen und bedeutet soviel wie „süßer Stress“.

 

 

 

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