Ich war beim gestrigen Raf Camora Chaos dabei.

23. August 2019

Kein gewöhnlicher Donnerstag-Abend in der Innenstadt Wiens. Tausende Fans warteten auf einen Mann: Raf Camora. Der 35-jährige Wiener Rapper verkündete mehr als pompös das Release-Datum seines neuen und letzten Albums „Zenit“. In seiner Heimatstadt sollen exklusive T-Shirts sowie Snippets (Hörproben des Albums) verteilt werden. „Der Rabe wird leuchten“, verriet er über seinen Instagram-Account. Als langjähriger Fan musste ich natürlich auch hin.


„Größter Artist Wiens seit Falco“

Schwarz lackierte Brandwägen, Speedboote auf dem Donaukanal ausgestattet mit T-Shirt Kanonen und Rabenflaggen und dann das große Finale: Auf dem Glaskubus des Sofitel-Luxushotels wird ein Video mit dem Releasedatum gespielt. Das soll das letzte Camora-Album überhaupt werden. Als ich mit meinem Freund Maxi beim Donaukanal ankomme, können wir es nicht fassen. Bei Maxis erstem Raf Camora Konzert im WUK waren gefühlt nur zwei- bis dreihundert Leute da. Als 2011 der Film „Schwarzkopf“ Premiere feierte, waren es auch nicht viel mehr als 150. Jetzt sind es Tausende, die nur auf die Verkündung eines Datums warten: 01.11.2019.

„Das ist wie bei Walking Dead“

Fans, Raf Camora, Zenit, Donaukanal

Ein schwarzer Brandwagen fährt durch die Stadt - neben und hinter ihm rennen schreiende Jugendliche. Egal, was die Ampeln zeigen oder wie viele Autos hupen, die Fans von Raf Camora interessiert das nicht. Sie wollen den Rap-Superstar sehen. Der Verkehr der Innenstadt steht mehr oder weniger still, was gegen Ende der Veranstaltung dazu führte, dass die Polizei großräumig die „Zøna“ räumte. Das ist die Zone, die Raf auf seinem Instagram-Account für das große Event ausgewählt hatte. Später fährt er vor der großen Ankündigung mit seinen Freunden und Kollegen u. a. Rapper Bonez MC und Videomeister Shahocasado auf dem Boot durch die Stadt und wirft Fanartikel. Da ich auch ein T-Shirt will, renn ich ein paar Minuten nach, sogar ganz vorne. Maxi schreit von hinten: „Das ist wie bei Walking Dead. Jetzt weiß ich: Bei einer Zombie-Apokalypse würde ich sterben“. Als ich mich umdrehe, um zu sehen, was er meint, sehe ich hinter mir die Masse rennen. Hunderte Raf-Fans. Alle dem Donaukanal entlang - in der Hoffnung, etwas zu fangen. Wir gingen leider leer aus - zumindest, was die T-Shirts angeht.  Am Ende des Abends fuhr das Fünfhaus-Urgestein (als stolzer Ferrari-Besitzer) übrigens mit seiner Crew in der U-Bahn weg. Immer noch der Junge aus Gotham City halt. 

Vielfalt und Ausdauer

Dieser Ruhm und Erfolg kommen nicht aus dem Nichts. Wer sich mit der Diskografie von Raphael Ragucci auseinandersetzt, merkt, dass der Sound des Wieners schon auf früheren Alben wie „Artkore“, „3.0“ oder „Nächster Stopp Zukunft“ oft seiner Zeit voraus war. So gehyped wie ein Bushido oder Kollegah wurde er da noch nicht, aber das sollte sich nach viel Arbeit und Geduld ändern. Der experimentierfreudige Artist hat Dancehall-, Reggae-Elemente und die Verwendung von Autotune in der deutschsprachigen Hiphop-Szene etabliert. 2016 hat der Manager, Producer und Rapper gemeinsam mit Bonez MC tanzbaren und melodischen Rap salonfähig gemacht. Heute sind seine Konzerte restlos ausverkauft (z. B. die Wiener Stadthalle dieses Jahr zwei Tage nacheinander gefüllt), Gold- und Platinplatten regnen und Fans bejubeln ihn von Berlin bis Belgrad. 

Raf Camora, Nazar, Schwarzkopf, Kinopremiere
2011: Unser Autor konnte leider nicht in die Kamera schauen, da er sich Raf Camoras Handzeichen abschauen wollte

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