"Endlich spricht es jemand aus": Die Reaktion muslimischer LeserInnen auf "Generation haram"
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Als mein Artikel "Generation haram" über die Verbotskultur muslimischer Teenager online geht, bin ich nervöser als sonst. Texte über Muslime sorgen oft für einen Aufschrei innerhalb der Community. Doch als mich die ersten Reaktionen muslimischer LeserInnen erreichen, bin ich dann doch überrascht.
Ehrlich gesagt habe ich etwas Bauchweh, wenn ich als Journalistin mit muslimischem Background Texte, in denen es um Muslime geht, veröffentliche. Denn selbst meine eigenen Eltern ärgern sich, wenn ich islamkritische Artikel verfasse. „Na geh, musst du „uns“ jetzt auch noch kritisieren? Es haben doch eh schon so viele eine schlechte Meinung über Muslime“, so die Aussage meines Vaters, als ich ihm erzählt habe, dass ich an einem Text über muslimische Teenager arbeite. Entsprechend nervös war ich zugegebenermaßen nach Veröffentlichung dieses Textes. „Generation haram“, mein Bericht über muslimische Teenager, die vor allem ihr weibliches Umfeld mit „Haram“-Rufen und einer gefährlichen Verbotskultur einschränken.
Islam wird falsch vermittelt
Mit dem was folgte, hatte ich deshalb nicht gerechnet. Unzählige LeserInnen teilten und kommentierten meinen Text, darunter viele Muslime. Doch statt „Nicht schon wieder ein islamkritischer Text“, kam Lob: „Endlich spricht jemand aus, dass einige Muslime den Islam völlig falsch ausleben und vermitteln“, schrieb mir eine muslimische Leserin. „Haram höre ich hier und da auch immer wieder. Es ist traurig zu sehen, dass leider kein Wissen dahinter steht und die Kinder sich gar nicht bewusst sind, dass sie und was sie falsch machen“, schreibt ein anderer muslimischer Leser. Eine muslimische Lehrerin schreibt mir: „Dein Artikel entspricht der Wahrheit. Doch wie du geschrieben hast, noch sind diese Jugendlichen nicht verloren. Da muss Arbeit geleistet werden.“ Und eine junge Mutter schreibt: „Toller Artikel. Ich werde alles, was in meiner Macht liegt, tun, dass mein fast 11-jähriger Sohn fern von solcher Denkweise über unseren ursprünglich wunderschönen Glauben aufwächst.“
Was haram ist, entscheidet Gott
Auch Tarafa Baghajati, Obmann der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen, teilt meinen Text auf Facebook und gibt gleich einen Rat, wie man mit solchen Jugendlichen umgehen soll: „Leider wird der Begriff Haram (verboten) in der Tat exzessiv verwendet, insbesondere bei Jugendlichen und auch in der Umgangssprache bei vielen Muslimen, obwohl im Koran äußerst selten der Begriff Haram vorkommt; und im Koran wird ein leichtfertiger Umgang mit den Begriffen Halal (erlaubt) und Haram (verboten) ausdrücklich untersagt, z.B. in Sura Al-Nahl "die Bienen" Vers 116. (...) Weil eine der großen Verfehlungen im Islam ist Gott zu spielen und Haram und Halal sind ausschließlich Sache Gottes. Dieser Punkt sollte bei Jugendlichen und Familien, aber auch in den Moscheen von Imamen immer wieder erörtert werden.“
Muslime sind in der Vergangenheit oft dafür kritisiert worden, keine Stellung zu beziehen, sich nicht öffentlich von radikalen Muslimen zu distanzieren oder Probleme innerhalb der Community zu leugnen. Deswegen ist es nur fair aufzuzeigen, dass es auch anders geht.
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