Nicht integriert? Selbst schuld!

18. Dezember 2020

 

Family

Beim Österreichischen Integrationsgipfel gab es viele wertvolle und gute Beiträge zum Thema Integration, Migration und Teilhabe. Und dann war da noch Zana Ramadani.

 

Es ist die letzte Podiumsdiskussion des Österreichischen Integrationsgipfels. Nach 7 Stunden höre ich dem letzten Austausch des Tages nur halb zu, schweife langsam ab und überlege, was ich mir heute Abend zu Essen kochen könnte. Dann kommt eine Aussage, die mich aus meiner Tagträumerei reißt: „Wer sich integrieren möchte, kann das auch. Man muss nur wollen, aber viele wollen nicht!“. Solch liebliche, verurteilende Worte können doch nur von einer autochthonen, konservativen Österreicherin kommen denke ich mir. Ha! Falsch gedacht.

Zana Ramadani ist Aktivistin und Gründerin des Deutschen Ablegers der Französischen Frauenrechtsorganisation „FEMEN“. Ich fange an über ihre Arbeit zu recherchieren und ich verstehe schnell, welches Weltbild ihres ist. FEMEN steht nicht umsonst in der Kritik, islamfeindlich zu sein. Vor allem Frauen die ein Kopftuch tragen - ob freiwillig oder nicht ist den Frauen von FEMEN egal - sind ihnen ein Dorn im Auge. Femen Aktivistin Inna Schevchenko verglich kopftuchtragende Frauen sogar mit Sklavinnen. Wow. Lasse ich einfach mal so stehen.

Was ich kann, könnt ihr auch! (und wenn nicht, seid ihr einfach zu faul)

Ramadani erzählt in der Diskussionsrunde, dass es genug Angebote für Geflüchtete und Einwanderer gäbe. Sie sei selbst eingewandert, ihre Eltern wären damals in einem Dorf gelandet, in dem es kein einziges Angebot wie z.B. Sprachkurse gab. Und jetzt kommt ihre Schlussfolgerung: Wenn sie und ihre Eltern es geschafft haben sich zu integrieren – weil sie sich aus „eigener Kraft und Zielstrebigkeit“ bemüht haben, sich mit Leuten aus dem Dorf angefreundet haben – dann schafft das JEDER! Es interessiert sie nicht, dass die Fachleute in der Runde mehrere Gründe gegen diese Aussage bieten. Ich höre ihr entsetzt zu und frage mich: Wie kann man seine eigene Geschichte mit allen anderen gleichsetzen? Diese Logik macht so wenig Sinn, es tut schon fast weh. Wenn jemand eine Krankheit wie z.B. Krebs erfolgreich übersteht, sagt derjenige dann: „Also ich habs geschafft, es gibt genug Chemos da draußen, man muss nur wollen“? Ich hoffe nicht.

Du kannst im Leben ALLES erreichen. (Du musst nur manifestieren und meditieren, voll easy)

Mag sein, dass sie und ihre Familie neue Leute kennengelernt und freundliche Nachbarn hatten. Das ist aber nicht die Regel, höchstens eine Mischung aus Glück, guten Voraussetzungen und Privilegien. Denn auch wenn Frau Ramadani so selbstsicher und verurteilend meint, jeder könnte wenn er sich nur ganz doll anstrengt: Leider falsch, sorry not sorry. Du wirst als weiß gelesen? Privileg! Du bist Christ und daher „akzeptabler“ in der westlichen Welt? Privileg! Du hast es allgemein leichter, Sprachen zu lernen? Glück! Du hast keine Traumata, psychischen Erkrankungen oder kommst aus einem Land mit mehr Prestige? P r i v i l e g. Ramadani ist wie eine dieser extrem nervenden und lästigen Insta-Yogis: „Du kannst im Leben alles erreichen, du musst es dir nur vorstellen und manifestieren“. Eben. Dein Pech falls du depressiv oder arm bist, meditier doch mehr!

Ich könnte jetzt noch mehr Beispiele für Ramadanis unglaublich ignoranten Aussagen – ob über den Islam, Integration oder ihre Meinung zum „Genderwahn" - präsentieren. So wichtig ist diese Frau aber dann doch nicht. Es ist nur unglaublich frustrierend, dass Menschen wie sie jedes Mal eine Bühne bekommen, um dann ohne jegliche Faktenlage den größten BS rauszuhauen. Meiner Meinung nach kannst du dich nicht Feministin und Menschenrechtsaktivistin nennen, gleichzeitig aber über bestimmte Menschengruppen hinwegentscheiden und Frauen mit Kopftuch als "nicht frei" erklären. Das ist nicht auf Augenhöhe, sondern das komplette Gegenteil des feministischen Gedankens. Da der Integrationsgipfel dieses Jahr digital stattfand, konnte ich mir im Chat glücklicherweise wünschen, nächstes Jahr bitte qualifiziertere Leute für solch wichtige Themen einzuladen.

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