"Scheint, als hätte das ein Mann geschrieben."

19. Januar 2022

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Gewaltprävention
So sollen sich Frauen künftig vor Gewalt schützen? Eine Aussendung der Polizei zum 8. März erntet viel Kritik auf Social Media. Zugespielt wurde uns die Broschüre von Can Gülcü, Sprecher der Partei LINKS.

Ausgerechnet eine zum Weltfrauentag am 8. März gedachte Kampagne des Bundesministeriums für Inneres (BMI) gerät in einen Sexismus-Shitstorm. Auf Twitter kritisierte die LINKS-Partei die Aussendung scharf.

Auf einer Polizei-Broschüre werden Frauen vermeintliche Maßnahmen zur „Gewaltprävention“ präsentiert. Das Ganze klingt in etwa so: Laufen Sie nicht mit Kopfhörern in der Öffentlichkeit! Behalten Sie stets mögliche Fluchtwege im Hinterkopf! Seien Sie immer aufmerksam und auf der Hut! Gehen Sie nicht an dunkle Plätze! Tragen Sie ein Handalarmgerät mit sich!

LINKS
Die Partei LINKS kritisierte auf Twitter die Gewaltpräventionsmaßnahmen von Polizei und Innenministerium. (Screenshot: Twitter/@linkswien)

Warum diese „Tipps“ Diskussionen über Täter-Opfer-Umkehr erhitzen, ist offensichtlich. Durch die traurige Aktualität von Frauengewalt in Österreich ist aber auch mittlerweile bekannt: Am gefährlichsten wird es nicht auf der Straße, sondern in den eigenen vier Wänden. Oder sollte man sich nur noch mit einem Alarmgerät bewaffnet auch im heimischen Wohnzimmer bewegen? Auch in diesem Punkt scheinen die „Präventionsmaßnahmen“ nur mangelhaft nützlich zu sein.

Im Echo in den Kommentarspalten klingen folgende Reaktionen:

„Ich bin fassungslos. Ist das ein Scherz?“ 

„Genau ich soll meine Freiheit eingrenzen, damit Straftäter nicht so viele Übergriffe verüben können. Geht’s noch??

„Bringt Männern bei, weniger Täter und mehr Verbündete zu sein. Wo bleiben hierzulande die Verhaltens Ratschläge der Polizei?

 „Victim shaming als Präventionskonzept, genial?“

„Scheint als hätte das ein Mann geschrieben.

Dem letzten Kommentar kann ich nur beifügen: An solchen Broschüren ist leider niemals nur eine einzelne Person beteiligt. Worüber ich bei der Sache eigentlich am meisten gestaunt habe, war nicht der unterschwellige Sexismus und die Täter-Opfer-Umkehr. Sondern, dass solche Fehler passieren können, obwohl wir in einer Zeit leben, in der man an Sexismusaufklärung scheinbar gar nicht vorbeikommt. Man muss sich vorstellen: Ein ganzes Kommunikationsteam muss mehrere Brainstorming-Runden und Korrekturschleifen hinter sich bringen, bis am Ende so eine Aussendung stehen kann. Ist keinem der Beteiligten in den Sinn gekommen, dass an diesen „Maßnahmen“ etwas nicht stimmt?

Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat die Kampagne auf jeden Fall – nur eben anders, als von den Beteiligten erhofft.

Wir haben das Innenministerium um ein Statement gebeten. Bisher hat sich noch niemand dazu geäußert.

 

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