Schwarze Wienerin wird in Gasthaus nicht bedient

29. Juni 2020

Ein Frühsommer Abend im zweiten Wiener Gemeindebezirk. Stella Adamu-Fuhs spaziert gemeinsam mit einem Freund durch den Prater. Als sie Hunger bekommen, beschließen sie eine Kleinigkeit im Restaurant Reinthaler essen zu gehen. Sie werden jedoch nicht bedient. 


„Ich habe mir zuerst noch gedacht, der Kellner hat viel zu tun. Aber auch als wir ihm zuriefen und Handzeichen gaben, reagierte er nicht. Die Tische nebenan hat er aber ganz normal bedient“, erzählt Stella über ihren Besuch beim Gasthaus Reinthaler. „Mein Freund wollte die Speisekarte selbst holen, aber ich bat ihn dies nicht zu tun. Ich habe das gleiche Recht bedient zu werden, wie alle anderen in diesem Restaurant.“, erzählt die Wienerin, deren Vater aus Österreich und Mutter aus Ghana stammen. 

Auch nach über 45 Minuten Wartezeit werden die beiden Freunde weiterhin vom einzigen Kellner des Restaurants ignoriert. Stella verlässt das Lokal mit einem Kloß im Hals und unter Tränen. „Ich habe nichts gesagt, weil ich keinen Aufstand machen wollte. Ich habe keine Unterstützung von den anderen Gästen im Restaurant erwartet. Dabei bin ich mir ein bisschen wie ein Affe vorgekommen, der wie im Zoo angestarrt und anders behandelt wird. Das war unter meiner Würde und darum habe ich das Lokal auch verlassen.“

Sie erzählt uns, dass sie sich nun genau überlegen müsse, ob sie ein Restaurant besuchen wolle. „Ich weiß nicht, ob ich dort willkommen bin“, erklärt sie „Ich habe mir nicht ausgesucht, dass ich schwarz bin. Ich habe mir auch nicht ausgesucht, dass ich in Österreich geboren wurde und welche Eltern ich habe. Jeder hat das Recht in jegliches Restaurant zu gehen.“

Twitter

Es scheint so weit gekommen zu sein, dass sich Opfer rassistischer Vorfälle selbst nicht trauen, in der Öffentlichkeit Stellung zu beziehen. Stella wollte den rassistischen Vorfall zunächst auf Facebook veröffentlichen, hat sich aber dagegen entschieden. „Ich hatte Angst vor den Kommentaren. Ich hatte Angst davor, dass die Menschen das alles auf die ,Ausländerfeindlichkeitsmasche‘ reduzieren.“ In einem Gespräch konnte sie ihre Freundin Veronika Bohrn Mena jedoch umstimmen und schlug ihr vor, dass sie das Geschehene auf ihrem Twitteraccount teilt. „Ich glaube, es hat eine andere Wirkung, je nachdem, wer sich äußert. Veronika hat mir dafür eine Plattform geboten und Raum gegeben. Dafür bin ich ihr als Freundin sehr dankbar“, erzählt Stella.

Twitter

Die Wirtin streitet vehement alle Vorwürfe von sich. Am Telefon beklagt sie den Trubel, durch den sie um ihre Existenz bangen müsse: 

"Diese Anschuldigung und daraus resultierende Hetzkampagne lassen wir uns nicht gefallen! Das ist eine Lüge sondergleichen! Es entspricht nicht in der geringsten Form der Wahrheit und wir werden jeden, wirklich jeden, der soetwas in Umlauf bringt, zur Verantwortung ziehen. Diejenigen Personen werden sich rechtfertigen müssen, denn wir lassen uns sicher nicht mit unwahren Aussagen unseren guten Namen beschmutzen! Wir bewirten Gäste, welcher Nationalität und Hautfarbe auch immer mit Respekt und Höflichkeit und wir sind als Betreiber eines Gastronomiebetriebes einschließlich unserer Mitarbeiter im höchsten Maße verärgert. Die Welt der Medien zeigt uns hier eine Form der Verbreitung von Ausländerfeindlichkeit, die uns zuwider ist! Und wir sehen uns gezwungen, dagegen energisch anzukämpfen! Diese oder andere Personen, die das unterstützen oder weiterhin öffentlich verbreiten, werden wir ausfindig machen und zur Verantwortung ziehen! Niemand hat das Recht, uns oder unsere Mitarbeiter mit dieser „jetzt geraden aktuellen“ Rassismus-Schiene zu verbinden, das ist ein unerhörter Fall von Gemeinheit und betrügerischer Vorgehensweise. Wir werden es uns vorbehalten und wir scheuen nicht davor zurück, diese grotesken Aussagen zur Anzeige zu bringen, um solche unwahren Nachrichten auszumerzen."

Im Februar diesen Jahres stand das Restaurant bereits unter Druck. Reserviert wurde für 60 Personen unter dem Namen "Nikolaus Schmied". Dass es sich dabei um die Identitären handelt, war zum Zeitpunkt der Reservierung nicht offensichtlich. Als sich vor dem Lokal JournalistInnen, Polizei, die Bezirksvorsteherin und antifaschistische AnhängerInnen einfanden, beschloss die Wirtin kurzerhand die Identitären wieder auszuladen. Sie sei unpolitisch und wolle keine Radikalen in ihrem Gasthaus sehen. Danach veröffentlichte Martin Sellner, der Vorsitzende der Identitären, folgenden Beitrag auf seiner Homepage:

Screenshot Sellner Homepage

Conclusio: Eine Wienerin wird aufgrund ihrer Hautfarbe nicht bedient. Das ist der schwerwiegende Vorwurf gegenüber dem Gasthaus "Reinthaler". Die Besitzerin bestreitet vehement alle Vorwürfe. Pikant: Der Kellner des Gasthauses, der die junge Wienerin nicht bedient hat, fällt auf FB mit eindeutig fremdenfeindlichen Parolen wie "raus mit de scheissmuslmanen aus den gemeindewohnungen" (Diese Aussage ist auch Stand heute, Dienstag 30.6, noch abrufbar). Der Verein ZARA ist schon informiert, wir halten euch am Laufenden. 

Screenshot Kellner Reinthaler
Screenshot (Facebook): Kellner Christian B.

 

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