Telefonat mit meinem Bruder an der Front

12. August 2021

Während das Österreichische Bundesministerium für Inneres die Abschiebungen nach Afghanistan fortsetzt (Siehe Statement unten), kämpft mein Bruder in der Provinz Badghis gegen die Taliban. Das Video, das er gestern direkt an der Front aufgenommen hat, ist bewusst stumm, um dafür zu sorgen, dass es meinem Bruder nicht zum Verhängnis wird. Ich habe vor 30 Minuten mit ihm telefoniert, lest nach, was er mir über Taliban und US-Präsident Biden gesagt hat.


 

Wo kämpft ihr gerade und für wen?

Die Situation verschlechtert sich jeden Tag. Ich bin ein Polizist in Zivil und kämpfe zusammen mit afghanischem Militär in der Provinz Badghis gegen die Taliban.  

Hast du Angst um dein Leben?

Ja! Mein Leben ist in Gefahr. Überall sind die Taliban. Sie attackieren uns ununterbrochen. Das ist gerade das Schlimmste, das ich in meinen 30 Lebensjahren gesehen habe.

Was denkst du: werdet ihr euch verteidigen können?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir die Stadt Herat halten können.

Der US-Präsident Biden sagte gesternAfghanen müssen um ihr Land kämpfen“. Was denkst du, wenn du das hörst?

Was Biden sagt, ist mir egal. Wir bekommen keine Unterstützung aus Kabul. Keine Waffen, keine Soldaten. Das ist die Realität.

Fühlst du dich vom Rest der Welt in Stich gelassen?

Wenn die Taliban an die Macht kommen bringen sie uns um. Sie drohen uns über Facebook und Flyer, dass sie uns lebendig begraben und unsere Köpfe abschneiden. Gestern sind in unserer Provinz alleine 20 Polizisten ums Leben gekommen.

Würdest du zu den Taliban übergehen, wenn du musst?

Ich werde mich nie den Taliban anschließen. Das sind Terroristen und Attentäter. Wenn sie wissen, dass wir Polizisten sind, werden sie uns sofort erschießen. 

Statement des Bundesministerium für Inneres zum Entschluss der deutschen Regierung, Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen: 

"Deutschland hat die Abschiebungen nach Afghanistan nicht generell gestoppt, sondern nur temporär ausgesetzt. Jeder Staat entscheidet hier für sich. Österreich hält an seinen Planungen für Rückführungen nach wie vor fest. Ein faktisches Aussetzen von Abschiebungen steht derzeit für uns nicht zur Diskussion. Die Sicherheitslage in Afghanistan wird außerdem gemeinsam mit dem Außenministerium laufend beobachtet und beurteilt. Gleichzeitig steht Österreich bereit, Afghanistan im Rahmen konkreter Hilfsersuchen zu unterstützen, um seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen zu können."

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