Die letzte Instanz: Über das Diskutieren ohne die richtigen Diskutanten

01. Februar 2021

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letzte Instanz
Moderator Steffen Hallaschka sprach mit Thomas Gottschalk, Janine Kunze, Jürgen Milski und Micky Beisenherz (Screenshot der Sendung "Die letzte Instanz")

Thomas Gottschalk verkleidete sich einst für eine Party in Los Angeles als Jimi Hendrix und wusste plötzlich, „wie sich ein Schwarzer fühlt“, da alle anderen Partygäste weiß waren und ohne Blackfacing erschienen sind. Und Janine Kunze fühlt sich als deutsche Blondine mit „relativ großer Brust“ auch einer Menge Diskriminierung ausgeliefert. Dies sind nur zwei meiner persönlichen Highlights jener vieldiskutierten Sendung der WDR-Talkrunde „Die letzte Instanz“.

Moderator Steffen Hallaschka sprach mit Thomas Gottschalk, Janine Kunze, Jürgen Milski und Micky Beisenherz unter anderem über das Ende der „Zigeunersauce“ – und das war der erste Schritt auf ein brandheißes Pflaster. In den Medien hagelte es Kritik, darauf folgten Entschuldigungen der Gäste. Der WDR wies darauf hin, dass es sich um eine Wiederholung einer Sendung von November 2020 handelte – was trotzdem eine ganz entscheidende Frage nicht auslotet: Wie konnte diese Diskussion in dieser Form noch stattfinden? Hat man denn aus den letzten zwei Jahren, in denen das Thema Rassismus so vehement diskutiert wurde, nicht gelernt, dass vier privilegierte Menschen ohne Migrationshintergrund eine Fehlbesetzung zum Thema sein könnten?

Die letzte Instanz
Janine Kunze und Thomas Gottschalk leisteten sich einige Faux-Pas - wenn auch unbeabsichtigt.

Laut Berichten der „FAZ“ äußerte sich eine WDR-Sprecherin zur Causa wie folgt: „Bei so einem sensiblen Thema hätten unbedingt auch Menschen mitdiskutieren sollen, die andere Perspektiven mitbringen und/oder direkt betroffen sind. Daraus haben wir in jedem Fall gelernt.“ Ja, hinterher sind immer alle klüger. Ich erkenne durchaus, dass wohl keiner der Talk-Gäste ein wahrhaftiger Vollblutrassist ist. Die Schuld liegt bei der Redaktion der „letzten Instanz“. Hier hat man sich ein großes Versäumnis geleistet. Hätten sich die Produzenten der Sendung nur halb so viel Zeit dafür genommen, etwa die Meinung von Vertretern der Roma-und-Sinti-Community einzuholen, wie für das peinliche Intro, hätte man sich all diese Kritik wirklich sparen können und wahrscheinlich eine interessante und bereichernde Diskussion gestalten können. Solche Zwischenfälle sind schade; gerade in einem Land wie Deutschland, in denen selbst die „Tagesthemen“ zur Prime Time von Moderatorinnen und Moderatoren mit türkischen, italienischen, griechischen und iranischen Wurzeln präsentiert werden. Bleibt nur zu hoffen, dass man sich in Zukunft mehr Gedanken macht, bevor so eine Sendung in der Wiederholung dann doch noch den Shitstorm einfängt.

Hier die ganze Sendung sehen:

 

 

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