IS-Verbrechen an Jesid:innen als Völkermord anerkannt

25. Januar 2023

Das Parlament in Deutschland stimmte am 19. Januar 2023 dem gestellten Antrag zu, die Verfolgung, Versklavung und systematische Tötung von Jesid:innen seitens des Islamischen Staates im Nordirak und in Syrien offiziell als Völkermord anzuerkennen.

 

„Wir können den Völkermord nicht rückgängig machen, aber wir können dafür sorgen, dass die Opfer Gerechtigkeit erhalten, damit der Völkermord nicht vererbt wird“. Das sind die Worte der deutschen Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im Bundestag zu der Anerkennung des Genozids an Jesid:innen im Jahr 2014. In Deutschland lebt die größte jesidische Diaspora weltweit mit etwa 200.000 Menschen, in Österreich sind es rund 1.000 Jesid:innen. Der Zentralrat der Jesid:innen sprach zu der Entscheidung des Bundestags auch von einem „historischen Tag“.

 

Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ tötete beginnend mit dem Überfall von Dörfern im Sindschar-Gebirge im Norden Iraks am 3. August 2014 etwa 5.000 Menschen. Tausende Mädchen und Frauen wurden vergewaltigt, verschleppt und als Sklavinnen verkauft. Jungs im Alter bis 14 Jahren wurden in Trainingslager des IS geschickt um aus ihnen Soldaten zu machen, während die Männer massenweise exekutiert wurden. Die Gräueltaten der Terrororganisation zwangen mehr als 400.000 Jesid:innen zur Flucht aus ihrer Heimat. Davon leben aktuell circa 300.000 in Geflüchtetenlagern, zum Teil unter katastrophalen Bedingungen. Aus diesem Grund wird die Bundesregierung im Antrag auch aufgefordert, eine internationale politische Konferenz zum Wiederaufbau der zerstörten Gebiete im Sindschar-Gebirge zu prüfen, auch die jesidische Zentralratsvorsitzende erklärt „Eziden und Ezidinnen gehören nicht in Zelte oder Camps, sie gehören in ihre Heimat“. Seit der Befreiung des Sindschar-Gebirges im November 2015 seitens kurdischen Einheiten aus der Türkei und Syrien werden immer noch Tausende Jesid:innen vermisst.

 

Verfolgung aufgrund der Glaubensrichtung

 

Als eine eigene religiöse Gruppe innerhalb der kurdischen Gemeinschaft, glauben Jesid:innen an einen allmächtigen Schöpfer. Sie haben keinen Propheten, kein heiliges Buch oder Gotteshäuser. Da sie den Teufel nicht als Gegenpart Gottes anerkennen, wurden Angehörige der Glaubensgemeinschaft schon vor dem Völkermord seitens des IS, jahrhundertelang systematisch verfolgt, massakriert und als „Teufelsanbeter“ verleumdet.

 

Die Anerkennung des Genozids als wichtiges Zeichen

 

Düzen Tekkal, jesidisch-deutsche Politikerin, Menschenrechtsaktivistin, Filmemacherin und Journalistin ist Gründerin der Hilfsorganisation HÁWAR.help, die sich unteranderem schon seit Jahren einsetzt für die Gerechtigkeit von Überlebenden und Angehörigen. Sie spricht davon, dass die Anerkennung des Völkermords mehr als nur ein symbolischer Akt ist. Viel mehr bedeute er Heilung für die jesidische Gemeinschaft, da nun die gesamte Welt ihr Leid sehen kann. „Die Jesiden werden verfolgt seit es sie gibt. Sie haben aufgehört, die Genozide zu zählen, die an ihnen verübt wurden. Doch zum ersten Mal in ihrer langen Geschichte gingen die Bilder der Verfolgung im August 2014 um die Welt“, schreibt sie im Tagesspiegel.

 

 

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Kommentare

 

Syrien wurde zum "failed state", weil das Land überbevölkert war. Zu viele Menschen konkurrierten um zu wenige Ressourcen. Man hat die Bilder gesehen von den zerstörten Städten. Plattenbauten im Ödland. Da war es auch vorher nicht mehr lebenswert für die meisten Menschen. Kein Wunder, dass eine Mehrheit der Flüchtlinge aus Syrien bereits 2015 korrekt angegeben hatte, sie seien gekommen, um auf Dauer in Europa zu bleiben. Wer ein schönes Haus hat oder gute Zukunftsperspektiven möchte sicher zurück. Bei sehr vielen ist das aber nicht so.
Das dramatische ist, dass "Syrien" überall ist in der islamischen Welt. Ausser vielleicht bei den Ölscheichs. In all diesen Ländern ist es für grosse Teile der Bevölkerungen ungemütlich bis elendig. Kein einziges dieser Länder ist stabil. Und wegen des horrenden Bevölkerungswachstums wird es auch nicht besser werden, sondern nur immer brisanter. Viele wollen sowieso weg, auch ohne Krieg. Und wenn es anderswo auch los geht, wieder 2 Millionen aufnehmen in Europa? Oder 5 Millionen?

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