Weltweiter Rassismus Eklat: Radiomoderator vergleicht BTS mit dem Coronavirus

02. März 2021

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BTS
Ein Moderator von Bayern3 verglich die südkoreanische Boyband BTS mit dem Coronavirus. (C)Wikimedia Commons

Nach dem WDR- Skandal um „Die letzte Instanz“ folgt nun der nächste Fehltritt der deutschen Medienlandschaft. Der BR-Radiosender „Bayern3“ ist seit Tagen Thema auf Twitter und hat eine globale Diskussion um anti-asiatischen Rassismus hervorgebracht.

von Milica Joskić

Matthias Matuschick hat vor wenigen Tagen einen enormen Shitstorm losgetreten. Der Bayern3-Moderator regte sich in seiner Radiosendung über die K-Pop Band BTS auf, nachdem diese den Song Fix You von Coldplay bei einem MTV Unplugged Konzert coverten. Dabei verglich er die Band mit dem Coronavirus. Gegen BTS gebe es "hoffentlich bald ebenfalls eine Impfung". Außerdem bezeichnet er die Bandmitglieder als „kleine Pisser“, die seiner Meinung nach für solch eine Aktion „20 Jahre Urlaub in Nordkorea machen“ müssten. Nach dem Virus-Vergleich versucht er sich in typischer „Ich habe einen Schwarzen Freund und kann daher kein Rassist sein“-Manier zu relativieren: „Man kann mir jetzt keine Fremdenfeindlichkeit vorwerfen, ich habe ein südkoreanisches Auto, Korea rules“. Und wir alle wissen ja, dass Deutschen ihre Autos nahezu genauso heilig sind, wie die zahlreichen Debatten um die „Cancel Culture“. Zwei Rassismus-Skandale in den deutschen Öffentlich-Rechtlichen binnen weniger Wochen, beim zweite Mal auch noch mit internationalem Backlash. Autsch.

Nicht einfach „nur“ Fans

Blöd nur, dass Matuschik scheinbar nicht bewusst war, mit welcher Fanbase er sich angelegt hatte. Die sogenannte „BTS Army“ ist womöglich die weltweit bestvernetzte Fanbase und seit den Black Lives Matter- Protesten auch politisch aktiv. So reservierten BTS-Fans vergangenes Jahr Plätze bei einer Wahlkampfveranstaltung des Ex-Präsidenten Donald Trump, um diese wieder verfallen zu lassen. Trump bauschte medial auf, dass er eine Millionen Menschen erwartet. Am Ende sprach er vor knapp 6000. Bei der Aktion machten damals Fans von den verschiedensten Kontinenten mit. Die Solidarität der Army gegenüber BTS, aber auch sozialer Ungerechtigkeit auf der ganzen Welt, ist stark. Doch die derzeitige Debatte geht über reines Fandom hinaus: Sie bringt momentan deutschlandübergreifend Menschen dazu, sich über anti-asiatischen Rassismus Gedanken zu machen. Unter den Hashtags #Bayern3Racist, #StopAsianHate oder #Racism_GermanMedia wurden mehrere Millionen Tweets verfasst. Im deutschsprachigen Raum verebben Twitter-Trends meist innerhalb von 24 Stunden und knacken selten die Millionen.

Organisationen wie „Korientation“ (ein "Netzwerk für deutsch-asiatische Perspektiven") vermelden seit Beginn der Pandemie einen starken globalen Anstieg an rassistisch motivierten Gewalttaten gegenüber asiatisch gelesen Menschen. BTS mit einem Virus gleichzusetzen ist ergo - besonders zurzeit - verantwortungslos. Wie beim WDR Skandal vor wenigen Wochen, führte der mediale Druck auch bei Bayern3 zu einer halbherzigen Stellungnahme voller Rechtfertigungen statt Reue.

„I am really sorry“

Auf der Webseite des Senders heißt es: „Es ist Charakter dieser Sendung und auch des Moderators, seine Meinung klar, offen und ungeschminkt zu äußern. In diesem Fall ist er aus dem Versuch heraus, seine Meinung ironisch-überspitzt und mit übertrieben gespielter Aufregung darzustellen, in seiner Wortwahl übers Ziel hinausgeschossen und hat damit die Gefühle der BTS Fans verletzt.“  Der Sender erklärt weiter, es „handle sich um seine persönliche, geschmackliche Meinung, völlig ungeachtet der Herkunft und kulturellen Backgrounds der Band“.

Matuschek meldete sich daraufhin selbst zu Wort: „Ich habe mir in den vergangenen Stunden viele Gedanken gemacht und verstehe und akzeptiere, dass ich viele von euch, insbesondere die asiatische Community, durch meine Worte rassistisch beleidigt haben könnte. Das war niemals meine Absicht, aber mir ist bewusst, dass am Ende zählt, wie die Worte bei den Empfängern ankommen – und nicht, wie sie gemeint waren.“

Der Sender legte mit einer neuen Stellungnahme nach, was vermutlich dem anhaltenden Ansturm an Empörung geschuldet ist. Da die erste Entschuldigung nicht wirklich auf die Bedeutung der rassistischen Äußerungen einging, hieß es bei Bayern3 weiter es sei „nicht akzeptabel, mit welchen Worten er die Band betitelt hat“. Es sei der Redaktion nun klar, dass Worte rassistisch sein können, auch wenn sie anders gemeint sind.  

Es kamen in den letzten Tagen weitere diskriminierende, antisemitische Äußerungen von Matuschik an die Oberfläche, die einige Jahre zurück liegen. Wie so oft sind Eklats wie diese, Anstoß für eine Debatte, die bereits früher hätte stattfinden müssen. Dem Spiegel teilte der BR mit, es würde eine englische Version der Stellungnahme folgen. Für Fans, die kein Deutsch können, beendet Matuschick seinen Text immerhin mit einem internationalen „I am really sorry“. Ob und welche Konsequenzen es für den Moderator geben wird, ist bislang unklar. Die Fans kaufen ihm seine Entschuldigung jedenfalls nicht ab.

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