"Ich habe keine Angst"

02. April 2012

Biber liebt Kritik. Deswegen kommt der Politologe Thomas Schmidinger zu Wort, der uns auf unserer Facebook-Seite wegen des letzten Covers (biber 03/12 „Türkmen kommt“) scharf angegriffen hat. Kritikpunkt: Wir sollen uns endlich mit seriösen Büchern beschäftigen und nicht mit so einem kindischen Schmarrn (ganzes Statement unten). Nun gut, jetzt sind Sie dran, Herr Schmidinger!

 

 

Das Buch „Wir Kommen“ von Inan Türkmen hat für viel Diskussionsstoff gesorgt. Wie findest du es?

Für die Integrationsdebatte ist dieses Buch nicht hilfreich, es ist eher Teil des Problems, statt Teil der Lösung. Türkmen spielt mit den Ängsten der Rechten. Er verstärkt sie ungewollt in ihren Vorstellungen über Migranten. Es ist zwar eine Reaktion auf Rassismus in Österreich, aber eher im Sinne von: „Ja es stimmt, wir werden euch verdrängen.“ Aber man sollte diese 95 Seiten nicht überschätzen, es ist schließlich kein seriöses Sachbuch, eher ein wutentbranntes Statement.

Türkmen entspricht nicht dem klischeehaften Bild eines Migranten. Akzentfreies Deutsch, erfolgreich – viele würden ihn wohl als perfekt integriert bezeichnen.

Es gibt auch andere Formen von Rassismus, nicht nur den, der Migranten als erfolglos und minderwertig darstellt. Manche fürchten sich vor erfolgreichen Migranten, die ihnen vermeintlich alles wegzunehmen drohen und ihren Kindern ihre Jobs. Diese Form von Konkurrenz-Rassismus bestärkt Türkmen mit seinem Buch. Das erinnert dann oft an Verschwörungstheorien: Muslime übernehmen den Laden, sie überfluten Europa und reißen alles an sich. Rechtspopulisten fühlen sich vom Sohn des Bauarbeiters bedroht, der jetzt auch auf die Uni geht und seinem Kind einen Job wegnehmen könnte, der dann sogar noch eine Sprache mehr spricht als sein eigenes Kind.

Sind diese Ängste begründet?

Ich fühl‘ mich dadurch nicht bedroht, wieso auch? Ich fürchte mich nicht vor Konkurrenz, sondern vor Arbeitsbedingungen, die für Migranten und Einheimische schlechter werden. Mit Kultur hat das nichts zu tun und wir haben ohnehin schon lange eine transkulturelle Gesellschaft in Österreich. Viele wollen das noch nicht wahr haben.

Wie schätzt du die Arbeit vom Staatssekretär für Integration, Sebastian Kurz, ein?

Er allein wird das Zusammenleben nicht verändern können. Es geht um Sozial- Wirtschafts- und Bildungspolitik. Man muss in erster Linie in allen Bereichen für mehr Gleichheit sorgen. Wenn es keine Gesamtschule für alle gibt, brauchen wir über Integration erst gar nicht reden.

 

 

wer ist er: thomas schmidinger

beruf: politikwissenschaftler

wurzeln: feldkirch, vorarlberg

alter: 38

besonderes: hat in istanbul, kairo,

tunis und guatemala studiert.

sprachkurse in russisch, persisch,

albanisch und serbokroatisch

 

Post von Schmidinger auf der biber-Facebook-Seite am 27.3. :

„Könnt ihr nicht einmal ein anderes Profile Picture nehmen als dieses Gesichtvom Türkmen? Ich bekomm‘jedes Mal einen Schock und frag‘ mich, ob ich etwa auch mit dem befreundet bin. Reicht ja schon, dieses Bubi, das meint, ein Autor zu sein, als Cover gehabt zu haben. Muss es mir jetzt auch noch jedes Mal entgegengrinsen, wenn ich Facebook aufmache? Es stünde dem biber ohnehin besser, wenn er sich mit seriöseren Büchern beschäftigen würde und nicht mit so einem kindischen Schmarren.“

 

 

von Ayper Cetin und Rene Wallentin (Foto)

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Kommentare

 

Recht hat er!

 

es gibt halt auch pop-bücher ;-)

 

wenn ein Migrant Klischees bewusst bestätigt, wird er nicht ernst genommen, von den verkrampften Anti-Rechts Moralsposteln. Das hab ich selber erlebt- man wird schnell abgestempelt- damit sie einen nicht ernst nehmen müssen. das wollen sie nicht hören.... Da zeigt sich der Linke Rassismus.... Nur schwache bescheidene Migranten (meist 1.Generation) sind gewollt...  Armer Ausländer = guter Ausländer....

 

"wenn ein Migrant Klischees bewusst bestätigt, wird er nicht ernst genommen" - wenn irgendwer keine eigene meinung hat, wird er/sie nicht ernst genommen, sondern eben klischeehaft abgehandelt - was willst dich mit einem klischee unterhalten? so eine/n kannst halt nur klischeegemäss bedienen, in der erwartung sie/er wird sich erwartungsgemäss verhalten. Sich in überzogenem Mass über Herkunft/Eltern/"Zugehörigkeit"/... definieren, dass find ich schwach und "bescheiden".

mit Klischees/Vorurteilen spielen oder selbst darauf reinzufallen und sie zu LEBEN, das sind verschiedene planeten!

 

"Wenn es keine Gesamtschule für alle gibt, brauchen wir über Integration erst gar nicht reden"


 


Ja, ja, ja. Da hilft der Grundwehrdienst aber schon mehr für die Integration. Denn erst wenn der Kamerad Hilfe braucht, und du von ihm, ist es dir wurscht, woher seine Eltern kamen. Und solche Situationen entstehen aber in einer Schule nicht, da sitzt man bloß acht Stunden in einem Raume und geht dann wieder getrennte Wege.

 

Sarrazin ist ein unglaublich humorloser Spießer.
Seine Arroganz haben schon die Ostdeutschen und die Hartz4 - Klienten zu spueren gekriegt.
Ich lese DasBiber sehr gern, da ich Humor und Wertschaetzung mag.
Was ich ueberhaupt nicht mag, ist schulmeisterliches Niedermachen Top-Down.
Tuerkmen hat Humor,
Schmidinger offensichtlich keinen.

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