„Der Film hat eine Message, die leider immer wichtiger wird“

18. November 2020

 

Nilam Farooq
Sylta Fee Wegmann

 

Im neuen Film „Contra“  (Filmstart: 23.12.2020) von Sönke Wortmann spielt Nilam Farooq die Studentin „Naima“, die von ihrem rassistischen Professor auf einen Debattierwettbewerb vorbereitet wird. Uns verrät sie, warum ihr diese Rolle so wichtig ist, warum sie ihren Mund oft nicht halten kann und wie sie selbst mit Alltagsrassismus umgeht.

 

Biber: In „Contra“ spielst du eine Studentin namens Naima, die von ihrem Professor rassistische Sprüche abbekommt. Du selbst hast Wurzeln in Polen und Pakistan. Hast du ähnliches auch schon mal erlebt?

Nilam Farooq: Vergleichbares mit Naima habe ich selbst so nicht erlebt, ich würde eher sagen, dass ich recht verschont geblieben bin. Die Menschen haben sich meist mehr für die außergewöhnliche Kombination meiner Wurzeln interessiert, als darüber in einer Form zu urteilen, da kann ich mich sehr glücklich schätzen. Natürlich habe ich aber bis heute nicht selten Erfahrung mit Alltagsrassismus gemacht und viele Situationen darüber hinaus mit Freunden miterlebt.

 

Wie reagierst du in diesen Situationen?

Gerade beim Alltagsrassismus bin ich sehr ambivalent. Wir brauchen nicht darüber zu reden, dass sowas nicht sein darf. Wenn mir jemand ein Kompliment mit Aussagen wie: „Nilam, so ein schöner Name – IHR habt echt immer so schöne Namen “ machen will, dann stelle ich freundlich die Gegenfrage, was er oder sie mit „Ihr“ meint. Meistens reicht das schon aus, damit die Person selbst versteht, was sie da gesagt hat. Ich finde das eine der sinnvollsten Formen - seine Fehler selbst zu bemerken und dann hoffentlich in Zukunft sensibler zu sein. Es gibt leider aber auch ganz andere Fälle - da reichen meine Reaktionen von zur Rede stellen bis hin zu ignorieren, weil ich das Gefühl habe, bei manchen ist da echt alles verloren.

 

Im Film wird dein rassistischer Professor schließlich dein Mentor. Hättest du dich im realen Leben auch auf so einen eingelassen, oder schnell das Weite gesucht?

Auf gar keinen Fall. Niemals. Ich könnte das nicht, dieses „ist ja egal - ich ziehe da meinen Vorteil draus“. Ich hätte aber auch nicht schnell das Weite gesucht, sondern wäre erst recht auf Contra gegangen.

 

Gibt es Situationen, in denen du noch gerne „Contra“ gibst?

Viel zu viele und eigentlich immer. Zumindest hinterfrage ich im Grunde jede Aussage, mit der ich konfrontiert werde und das führt nicht selten dazu, dass ich dann Contra gebe. Ich finde das manchmal selbst anstrengend an mir, aber irgendwie bin ich dann wieder auch ganz froh, dass ich so bin. Nicht zu allem Ja und Amen zu sagen, hat mir im Leben mehr Gutes als Schlechtes beschert. Contra kann man bei mir also definitiv immer erwarten und das ist ja auch nichts schlechtes, solange man flexibel dem Pro gegenüber bleibt. Sehr ungemütlich werde ich bei Ungerechtigkeit, das kann ich gar nicht haben. Wenn ich zum Beispiel beobachte, dass jemand zu Unrecht angegangen wird, dann kann ich meinen Mund nicht halten, egal ob im Supermarkt bei Fremden oder im privaten Kreis.

 

Rassismus ist nicht nur in Deutschland momentan ein sehr großes Thema. Kann „Contra“ jemandem Mut machen, der ähnliche oder schwerwiegende Erfahrung mit Diskriminierung gemacht hat?

Das hoffe ich wirklich sehr. Das ist auch einer der Hauptgründe, weshalb mein Herz so an diesem Film hängt. Er unterhält, hat aber auch eine ganz wichtige Message, die - leider - immer wichtiger wird. Dass zwei Menschen, egal wie unterschiedlich sie sein mögen, durch Offenheit, Kommunikation und Toleranz, näher aneinander rücken können und, dass Herkunft, Hautfarbe, Religion, äußerliche Merkmale etc. niemals jemanden davon abhalten sollten, seinen/ihren Weg selbstbestimmt gehen zu dürfen. All das zeigt unser Film und kann damit hoffentlich Mut machen und ein Vorbild sein.

 

In einem Instagram- Post meinst du, mit deiner Rolle geht für dich ein Lebensprojekt und Lebenstraum in Erfüllung. Inwiefern?

Ich habe einfach auf diese eine Rolle gewartet. Diese Rolle, die einen Film trägt, die eine Wichtigkeit hat und mit der ich hoffentlich zeigen kann, dass ich was draufhabe. Alles war perfekt: mit Sönke Wortmann als Regisseur, Christoph Maria Herbst als besten Kollegen, den ich mir hätte wünschen können, mit diesem Buch, diesem Team, diesem Thema, einfach alles. So sehr hat noch nie etwas gestimmt, deshalb ist das definitiv ein Lebensprojekt. Und mein Gefühl dazu hat mich von der ersten Sekunde beim Casting bis zum heutigen Tag, zwei Jahre später, nicht verlassen.

 

Was war die größte Herausforderung beim Spielen von „Naima“?

Ich habe Naima als Person sehr schnell greifen können, da ich sehr gut verstanden habe, warum sie wann wie handelt. Das hat mir einiges erleichtert. Die Herausforderung bestand dann darin ihre Entwicklung darzustellen. Gerade sprachlich gesehen legt sie eine interessante Reise zurück. Dafür hatte ich auch eine tolle Rhetorik-Coachin an der Hand. Ich muss aber auch zugeben, dass eine der größten Herausforderungen der Druck war, den ich mir selbst gemacht habe. Umso glücklicher und stolz schaue ich jetzt auf einen so sehenswerten und wichtigen Film und freue mich, dass endlich alle ihn bald sehen können.

 

 

Alter: 31

Geboren in: Berlin, Deutschland

Besonderes: Nilam war früher als „daaruum“ eine der erfolgreichsten YouTuberinnen Deutschlands. Sie widmete sich dann mit vollem Erfolg ganz der Schauspielerei und ist unter anderem aus den Filmen „Rate Your Date“ oder „Mein Blind-Date mit dem Leben“ bekannt.

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