Gastkommentar von Dudu Kücükgöl zum Angriff in Paris

08. Januar 2015

Jesuis charlie

Foto_Demo_NY
John Minchillo / AP / picturedesk.com

Kreaturen, die sich Moslems nennen

Gestern war ich mit meiner Tochter noch Skifahren, als ganz normale, österreichische Familie. Meine Tochter stand das erste Mal auf Skiern und sie liebte es. Heute, nach dem grausamen Anschlag in Paris, wirken der Schnee, die Berge und das Gefühl „typisch-österreichisch“ zu sein so weit entfernt. Denn heute werden mein Glaube und damit ein Teil meiner Identität wieder in einem Atemzug mit Terror genannt. Das habe ich Kreaturen zu verdanken, die sich selbst Muslime nennen.

Es ist nicht leicht Worte zu finden in Anbetracht einer solch bizarren Grausamkeit. Mein aufrichtiges Beileid gilt den Opfern dieses Anschlags und ihren Familien wie Freunden – aber auch uns allen als Menschen und EuropäerInnen. Viele Menschen und - vor allem und ganz besonders - MuslimInnen sind schockiert, traurig und unglaublich wütend über diese abscheuliche Tat. Die Monster, die dieses Massaker zu verantworten haben, gaben nämlich vor, damit „den Propheten zu rächen“ und riefen „Gott ist groß“. Die Ermordung von wehrlosen Menschen kann niemals etwas sein, das unseren Propheten ehrt oder Gott groß macht. Dieser Akt ist eine Pervertierung unserer Religion und kann niemals religiös begründet werden.

Seit Beginn seiner Berufung war der Prophet Muhammad massiven Anfeindungen ausgeliefert, die auch Erwähnung im Quran finden. Hätten die Mörder ihn gelesen, wären ihnen die Stellen aufgefallen, in denen der Koran erzählt, dass die Mekkaner den Propheten als „Bessesenen“ und „Verrückten“ beschimpften. Gott versicherte dem Propheten daraufhin lediglich Seinen Beistand und tröstete ihn - mehr nicht! Öffentlich vorgetragene „Schmähgedichte“ wie sie damals üblich waren, sind bestimmt vergleichbar mit den heutigen Karikaturen. Sie schöpfen ihre Kraft und Bekanntheit lediglich aus der Erregung der Empörten und sind harmlos, wenn sich niemand provoziert fühlt.

Diese Barbaren unterstützen mit ihrem Gewaltakt aktuelle, islamfeindliche Argumentationsmuster und liefern Munition für alle, die MuslimInnen nicht als Teil Europas sehen wollen. Wenn also morgen wieder Moscheen brennen, Frauen attackiert werden, so haben diese Mörder einen weiteren Beitrag dazu geleistet und unser Zusammenleben einmal mehr gefährdet.

Wir dürfen als Gesellschaft nicht zulassen, dass wir gegeneinander aufgehetzt werden. Mehr denn je müssen wir zusammenhalten und näher rücken. Dieser Anschlag gilt nicht nur den unmittelbar Betroffenen, sondern uns allen, die an ein friedliches Zusammenleben, die Demokratie und die Menschenrechte glauben.

Dudu

Zur Autorin: Dudu Kücükgöl, 32, ist studierte Wirtschaftspädagogin und Vorstandsmitglied der Muslimischen Jugend Österreichs (MJÖ).

Foto_Demo_NY: John Minchillo / AP / picturedesk.com

Foto_Dudu: Katharina Rossboth

Blogkategorie: 

Das könnte dich auch interessieren

Foto: Zoe Opratko
Zum Abschied gibt es kein Trompeten­...
Foto: Marko Mestrović
Ob Hijabi-Style, koschere Perücken oder...
Foto: Marko Mestrović
Nicht über die Communitys zu sprechen,...

Anmelden & Mitreden

4 + 8 =
Bitte löse die Rechnung