Gehen Geld und Romantik zusammen?
Warum haben Frauen eine Berührungsangst bei Aktien, wie vermeidet man Panikattacken bei Post vom Finanzamt und welche Rolle spielt Geld in Beziehungen, vom 1. Date bis zur Scheidung? Darüber spricht biber mit der Wienerin und "Money Queen"- Autorin Angelika Slavik.
Von Delna Antia-Tatić, Foto: Marko Mestrović
BIBER: Warum brauchen Frauen Rat in Sachen Geld?
ANGELIKA SLAVIK: Wenn man sich Statistiken anschaut, dann sieht man, dass Frauen in ihrem ganzen Leben finanziell benachteiligt werden. Nicht nur was den Gender Pay Gap betrifft, sondern Frauen sparen weniger, Frauen haben weniger Aktien, Frauen bekommen weniger vererbt und statistisch ist es sogar so, dass Mädchen zu 17% weniger Taschengeld bekommen. Viele meiner Freundinnen würden nicht im Traum auf die Idee kommen, sich Aktien zu kaufen. Die fänden diese Vorstellung absurd.
Würdest du ihnen denn empfehlen, in Aktien zu investieren?
Würde ich auf jeden Fall. Ich bin zwar vorsichtig, Leuten zu sagen, was sie tun sollen. Grundsätzlich sind Aktien aber etwas, das unterschätzt wird. Sie sind eine einfache Variante Vermögen aufzubauen. Mit 25-50 Euro im Monat ist das schon möglich.
Frauen sind auch überdurchschnittlich von Altersarmut betroffen, weil sie Teilzeit arbeiten. Das Bewusstsein dafür wächst zwar und viele kehren rasch in den Job zurück, aber 40 Stunden schafft kaum eine.
Absolut. Zudem melden sich viele Frauen in Teilzeit und arbeiten formal 60%. Die Wahrheit ist aber, dass sie das Gefühl haben, besonders viel Präsenz zeigen zu müssen. Sie meinen, beweisen zu müssen, dass sie es immer noch draufhaben und arbeiten in Wirklichkeit 100%, werden aber nur zu 60% bezahlt. Das ist die schlimmstmögliche Variante und gleichzeitig ein Klassiker. Daher empfehlen meine Co-Autorin und ich, extrem zu schauen, wie viel man tatsächlich arbeitet.
Auch bei Scheidungen stehen Frauen oft schlecht da. Warum?
Die meisten Menschen, vor allem Frauen, machen sich keine Gedanken, wenn sie heiraten. In unserem Buch sagt eine Scheidungsanwältin, dass das Dokument der Eheschließung der am schlechtesten gelesene Vertrag der Welt ist. Wenn die Ehe nicht mehr läuft und Paare sich scheiden lassen, kommen bei vielen Frauen die wirtschaftlichen Konsequenzen erst so richtig auf den Tisch. Etwa dass vorher nicht besprochen wurde, wie es wirtschaftlich ausgeglichen wird, wenn der eine beruflich zurücksteckt. Dabei ist es wichtig, ein Bewusstsein zu schaffen, dass ein Zurückstecken weittragende Konsequenzen für die Frau hat: Teilzeit betrifft nicht nur unmittelbar, sondern langfristig.
Wird das in der Praxis auch gemacht – alles vorher durchzuregeln?
Bislang nur in Ausnahmefällen.
Geht denn Geld mit Romantik überhaupt zusammen?
Ich finde schon. Aber ich verstehe, das Thema nicht ansprechen zu wollen, weil man denkt, wir bleiben ohnehin für immer zusammen. Jedoch macht der Staat die Regelung letztendlich, wenn man vorher individuell keine Lösung gefunden hat.
Welchen Umgang mit Geld empfehlt ihr überhaupt in Beziehungen? Etwa Apps, in denen genau eingetragen wird, was wer ausgegeben hat?
Das ist sicherlich eine Typ-Frage. Ich persönlich könnte mir nicht vorstellen, jede kleinste Ausgabe penibel einzutragen. Aber über die großen Posten sollte man schon sprechen: Miete, Einkauf, Urlaub. Gerade wenn man unterschiedlich verdient, weil es nicht schön ist, wenn einer mit einer fetten Reisekasse ausgestattet ist und der andere nicht mithalten kann. Das ist dann auch nicht romantisch.
Sollte dann der andere ausgleichen?
Kommt drauf an, wie lange man zusammen ist. Ich finde es grundsätzlich immer gut, wenn beide großzügig sind.
Ist Großzügigkeit eine Kultursache?
Sicher. In Italien etwa zahlt meist einer für alle, in Deutschland wird penibel getrennt und in Österreich rundet man. In Deutschland gibt es auch viele Frauen, die nicht eingeladen werden möchten. Was dazu führt, dass Männer sich nicht trauen. Was erste Dates angeht ist Geld voller Missverständnisse. Ich bin 37, in Wien geboren und habe lange erwartet, dass der Mann bezahlt, wenn man essen geht. (lacht) Ich muss mich da auch ein bisschen schämen, glaube ich. Jetzt ist es anders. Die jüngeren Leute wechseln eher ab oder teilen. Das fand ich bei der Recherche total interessant. Viele jüngere Frauen empfinden es als Zeichen ihrer Unabhängigkeit, dass sie ihren Kaffee selber bezahlen.
Euer Buch ist sehr praktisch angelegt: Ihr gebt eine Anleitung, wie man sich mit drei Zetteln Übersicht über die eigene Finanzsituation verschafft, ihr gebt Tipps, wie man günstiger heiratet oder eine Party schmeißt. Gleichzeitig behandelt ihr Themen wie Schulden und Scheidung. Kann ich nach der Lektüre besser sparen oder werde ich auch reicher?
Wir möchten, dass Frauen einen Status erreichen, wo sie sich mit ihrem Geld wohlfühlen. Ich glaube, dass die wenigsten danach streben, Millionärin zu werden. Oft beneidet man Reiche ja nicht wegen der fünf Yachten, sondern weil man annimmt, dass sie weniger Sorgen haben. Meist reicht es aber, wenn man selbst seine Sachen sortiert hat. Es geht um einen Status, wo man keine Panikattacke bekommt, wenn man Post vom Finanzamt erhält oder keine Krise, wenn die Waschmaschine kaputt geht. Beide Autorinnen sind Journalistinnen bei der Süddeutschen Zeitung. Die „chaotische“ Angelika Slavik ist Wirtschaftskorrespondentin in Hamburg, wogegen als Typ „To-Do-Liste“ Meike Schreiber für die Finanzthemen in Frankfurt zuständig ist.
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