"Ich würde Anders Breivik nicht interviewen."

10. Februar 2014

Armin Wolf (47) ist stellvertretender Chefredakteur im ORF-Fernsehen und moderiert das tägliche Nachrichtenmagazin ZiB 2. Er ist vor allem für seine bissigen Live-Interviews bekannt, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde.

 

Von Muamer Becirovic und Susanne Einzenberger

 

Biber: Wie nehmen Sie den Ruf der Journalisten wahr?

Armin Wolf: Wenn man Umfragen über das Image von Berufen liest, dann geht’s den Journalisten nicht besonders gut, dann liegen Journalisten knapp vor Fußballern, Politikern und Prostituierten. Wenn man im Alltagsleben Menschen trifft und die fragen, was man macht, dann sind sie eigentlich sehr freundlich. Es hat mich bis jetzt noch niemand schief angeschaut und gesagt „Uuh, ist des peinlich, wärst doch lieber Zuhälter geworden“. Also es geht.


Sind sie arrogant, Herr Wolf? Diese Frage stellen sich übrigens viele Menschen.

Ist das so? Das tät mir natürlich leid. Ich kann das jetzt schwer überprüfen. Allerdings wurde ich auch schon drei Mal zum beliebtesten Fernsehmoderator gewählt – also ganz so schlimm wird es wohl nicht sein. Aber ich fürchte, nach mittlerweile doch schon elf Jahren in der ZIB2 werde ich nichts mehr Wesentliches ändern können.

                                         
Geht der Ruf von Journalisten durch Zeitungen wie „Heute“ oder „Österreich“ unter?

Der Ruf von Journalisten leidet unter Journalisten, die ihre Arbeit nicht anständig machen. Ganz egal, wo sie arbeiten.

 

Ihre Frau, Euke Frank, ist Chefredakteurin bei der „Woman“. Lesen Sie sowas eigentlich?

Seit ich meine Frau kenne, schon. Sie schaut sich auch meine Sendung an (lacht).

 

Was ist Ihre Lieblingszeitung?

In Österreich „Der Falter“, international der „Economist“.


Wer ist für Sie der beste österreichische Journalist?

Der oder die beste ist schwer zu sagen, aber im politischen Bereich zum Beispiel ist natürlich Florian Klenk vom Falter ein großartiger Journalist oder Andreas Koller von den Salzburger Nachrichten. Armin Thurnher ist ein exzellenter Kommentator oder Sibylle Hamann, meine Lieblingskommentatorin. Es gibt jede Menge wirklich guter Journalisten in diesem Land. Interessanterweise gibt ja viel mehr gute Journalisten als gute Medien. 

 

Würden Sie ihrem Kind raten Journalist/in zu werden?

Ich würde jedem raten, das zu machen, was er unbedingt machen möchte und wofür er ein Talent hat. Anders gesagt: Journalismus ist mittlerweile ein Beruf, in den man relativ schwierig hineinkommt, viel schwieriger als vor knapp 30 Jahren, als ich damit angefangen habe. Aber ich glaube, wenn man für etwas Talent hat und vor allem eine große Leidenschaft und bereit ist, viel zu arbeiten und ständig was dazuzulernen, dann kann man nach wie vor im Journalismus sehr erfolgreich sein.

 

Was war denn Ihre größte Jugendsünde?
Ich fürchte, das war nix. Ich war ziemlich brav. Ich hatte sehr strenge Eltern.


Journalisten und Alkohol, Klischee oder Wahrheit?

In meinem Fall ein totales Klischee, weil ich keinen Alkohol trinke.

 

Kiffen Sie eigentlich?

Nein, habe ich auch noch nie. Es ist ein bisschen peinlich, aber es gibt bei mir echt keine Jugendsünden. Ich habe null Erfahrung mit irgendeiner Form von Drogen, mir wurde tatsächlich noch nie etwas angeboten, warum auch immer.


Wie und wie lange bereiten Sie sich eigentlich auf ein Interview vor?

Das hängt vom Interviewten ab. Es gibt manche Interviews, die gehen relativ schnell. Bei einem sehr großen kontroversen Interview, zum Beispiel bei einem Sommergespräch, kann es auch in die Wochen gehen. Wenn ich ein normales politisches ZIB2-Gespräch führe, habe ich  ein paar Stunden, weil ich normalerweise so gegen 15-16 Uhr weiß, wer ins Studio kommt,  um 22 Uhr ist die Sendung und dazwischen muss ich ja auch noch ein paar Moderationstexte zu anderen Themen schreiben. Das heißt, es bleiben mir so zwischen 2 und 4 bis 5 Stunden.


Bevor ich etwas mache, bei dem ich weiß, dass ich mich aufregen werde, trinke ich eine Tasse grünen Tee. Wenn Sie den Herrn Strache interviewen, meditieren Sie dann davor?

 (lacht). Nein, dafür habe ich keine Zeit, ich bereite mich vor. Ich lese viel und denke drüber nach, was ich gerne wissen möchte und wie ich das Interview vernünftig aufbaue. Im aktuellen Dienst haben Sie keine Zeit zum Meditieren.

 

Wen würden Sie nicht interviewen?

Den norwegischen Massenmörder Anders Breivik oder Gottfried Küssel (Anm.d.Red.: Ein österr. Neonazi) würde ich zum Beispiel nicht interviewen. Es gibt Leute, denen gibt man kein Podium im Fernsehen. Es gibt viele Medien auf der Welt, die gerne ein Breivik-Interview hätten. Aber falls wir eines bekämen, würde ich es nicht machen.

 

Wenn sie an Berufsbashing denken, welche Berufe fallen ihnen sofort ein?

(denkt nach). Sofort? Überhaupt keine, wie Sie gerade merken. Telefonverkäufer, die alten Leuten, Sachen andrehen, die sie nicht brauchen? Andererseits: solange es legal ist, mein Gott, ja…

 

 Wurden sie schon mal angezeigt?

Ich wurde mal geklagt, von Herrn Gudenus senior, der mal FPÖ-Nationalratsabgeordneter war. Er hat in beiden Instanzen verloren.

 

Wurden Sie schon einmal bedroht?

Es gab ein einziges Mal eine Situation, am Tag an dem Jörg Haider gestorben ist. Da hatten wir abends eine Sondersendung und danach gab es viele wirklich heftige Reaktionen von aufgebrachten Haider-Fans. Sehr empörte und zum Teil sehr aggressive Emails. Am nächsten Tag war ich zufällig über ein längeres Wochenende in Bayern und damals war ich tatsächlich das einzige Mal in den elf Jahren, in denen ich die ZIB 2 moderiere, froh, am nächsten Morgen nicht in Wien spazieren zu gehen. Denn da waren echt ein paar Emails dabei, bei denen  ich mir gedacht habe: „Wenn der mir auf der Straße begegnet, haut er mir vielleicht eine runter.“

 

 

INFO: Ihr habt gerade die Langfassung des Armin-Wolf-Interviews gelesen. In der aktuellen Februar-Ausgabe haben wir aus Platzgründen die gekürzte Version dieses Interviews veröffentlicht.

 

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