Seine besten Fehler

06. Mai 2015

Damian Izdebski ist nach der Insolvenz der Elektronikkette DI-Tech wieder zurück im Geschäft. In der Dresdener Straße 89 im 20. Bezirk repariert der frühere Unternehmer mit einem kleinen Team Computer und Handys.

Von Melisa Erkurt, Simon Kravagna und Susanne Einzenberger (Fotos)

145 Millionen Euro Umsatz, 250 Angestellte – Damian Izdebski hatte mit seinem Elektrohandel DiTech alles erreicht. Der Paradeunternehmer war dick im Geschäft und gern auf der Society-Bühne. Bis es kriselte. Erst leise, dann unüberhörbar – bis zur bitteren Insolvenz im Jahr 2014. Izdebski hatte mit DiTech einen rasanten Wachstumskurs gefahren. Zu rasant und ohne ausreichend Eigenkapital, wie sich herausstellte. Plötzlich war alles weg. Seine Firma, sein Privateigentum, seine schönen Autos. Freunde wenden sich ab, Schulden sitzen ihm im Nacken – der einst gern gesehene Gast auf High Society Events hat alles verloren. Auch das Vertrauen von den Banken. Sie haben DiTech bis zuletzt Kredit gewährt. Auch dieses Geld ist weg.

Nach der Pleite wird Izdebski zum Freiwild für Hassposter in Leserforen großer Medien. „Du googelst dich dreimal am Tag, weil du eh nichts zu tun hast. Da waren echt harte rassistische und persönliche Beschimpfungen dabei.“ Der 38-Jährige fängt an, sich selbst in Frage zu stellen und erlebt seinen psychischen Tiefpunkt im Juni vergangenen Jahres. „15 Jahre lang war mein Leben im fünfzehn-Minuten-Takt durchgeplant, ich wurde ständig um eine Entscheidung gebeten, habe täglich 200 Mails beantwortet. Und plötzlich ist alles weg. Ich habe alle fünf Minuten meinen Posteingang gecheckt. Aber es kam nichts mehr – nichts, da war völlige Stille.“

Damian Iszdebski
Foto: Susanne Einzenberger

Kalifornien statt Wien

Izdebski hat viel Zeit zum Nachdenken. Zu viel. Er kann nicht mehr. Der gescheiterte Unternehmer flüchtet nach Kalifornien, sucht die Nähe zu Investoren und findet laut seiner Erzählung interessierte Zuhörer. „In Amerika haben sie mich anders behandelt, dort sehen sie das Gesamtpaket, meine Laufbahn als Unternehmer. In Österreich haben dagegen nur die letzten drei Monate gezählt, die letzten 15 Jahre waren einfach weg“, resümiert der passionierte Rallye-Fahrer. Sein teures Hobby, den Motosport, spielt es natürlich auch nicht mehr. Zurück in Österreich fährt der gebürtige Pole jetzt einen Gebrauchtwagen, den ihm ein Freund geliehen hat. Er war ganz oben und ist tief gefallen. Doch Izdebski kämpft sich zurück, setzt alles auf einen Neuanfang. Und zwar in der Dresdner Straße 89 im 20. Bezirk. Dort ist sein neues Geschäft „Techbold“. Das Geld dafür haben ihm Freunde geliehen.

Izdebski knüpft an der Ursprungsidee von DiTech an, repariert Laptops und PCs, aber auch Handys. Er arbeitet jetzt wieder 80 Stunden die Woche, hat keine Zeit für Hobbies. Damian Izdebski fängt noch einmal ganz von vorne an. Mit ein paar wenigen Mitarbeitern und dem vorläufigen Ziel von 1300 Euro Umsatz am Tag. „Ich freue mich jetzt über jeden 100er, der herein kommt“, sagt der Jungunternehmer. Vor seinem Neustart hat Izdebski noch das Buch „Meine besten Fehler“ geschrieben: „Damit Unternehmer aus meinen Fehlern lernen – und es besser machen“, sagt Izdebski, dem es jetzt auch eine „Herzensangelegenheit“ ist, zu zeigen, dass Scheitern kein Tabu sein darf. Denn, so sagt Izdebski noch, bevor er wieder in sein neues Geschäft eilt: „Ich habe in den letzten Monaten in meiner alten Firma mehr als in den 15 Jahren zuvor gelernt.“ Sein Buch hat Izdebski übrigens seinen beiden Kindern Viktoria und Dominik gewidmet. Er schreibt: „Ich hoffe, dass sie in ihrem Leben ihre Ideen verwirklichen… Sollten sie scheitern, wünsche ich ihnen die Kraft und den Mut, damit sie wieder aufstehen und einen Neuanfang wagen.“

 

Was man als Unternehmer von Damian Izdebski lernen kann – die biber-Short-List

Du musst nicht alles perfekt machen
Hätte ich auf einige Details verzichtet, hätte mich der Ausbau der DiTech Filialen rund 30 Prozent weniger gekostet. Über die Jahre verlor ich so rund 2 Millionen Euro. Mir aber war mein perfektionistischer Anspruch wichtiger als kühles Rechnen.

Du musst nicht alles selbst machen
Ich habe mich mit Bravour den dringenden Aufgaben gewidmet: 200 Mails am Tag, ein Termin jagte den anderen, ständig am Telefon. Am Abend war ich hundemüde und stolz auf meine Leistung. Das war falsch. Ich hätte das alltägliche Geschäft mehr delegieren müssen. Dann wäre mehr Raum für strategischen Weitblick geblieben.

Sorge für Rücklagen oder einen Investor
Wachstum ist wichtig, für jedes Unternehmen. Zu schnelles Wachstum ist gefährlich. Ich habe mich vom Erfolg blenden lassen. Warum sparen, wenn alles so gut läuft? Richtig wäre auch gewesen, einen Investor an Bord zu holen. 2011 wurden uns von Investoren 16 Millionen für DiTech geboten, ich sagte damals übermütig: „Meldet euch in zwei Jahren mit 30 Millionen wieder.“

Was früher galt, gilt in Zukunft nicht mehr

Am Anfang von DiTech war es kein Problem, Kredite zu bekommen. Die Krise auf den Finanzmärkten und die damit verbundenen Folgen für Banken und Versicherungen änderten dies schlagartig. Ich hätte früher erkennen müssen, dass die Finanz-Regeln strenger und die Risiko-Manager vorsichtiger werden würden.

Loyalität reicht nicht für einen Führungsjob

Es ist falsch, aus guten Fachkräften Führungskräfte machen zu wollen, nur weil sie schon so lange dabei sind und du ihnen gegenüber Loyalität empfindest. Es ist nicht jeder zur Führungsperson geboren und es kann auch nicht jeder lernen.

Du musst rechtzeitig loslassen können

Wir haben drei Monate vor der Insolvenz noch eine Kapitalerhöhung gemacht und alle privaten Ersparnisse reingehaut, das war falsch. Ich hätte erkennen müssen, dass es Zeit ist, los zu lassen. Das Geld wäre in einem neuen Unternehmen besser investiert gewesen.

 

#STARTUPAGAIN
„In diesem kleinen Ratgeber habe ich die Geschichte meines Erfolges, die Geschichte meines Scheiterns und meine besten Fehler zusammengefasst“, schreibt Damian Izdebski über sein Buch: „Meine besten Fehler.“

Es ist wohl nicht nur ein Ratgeber, sondern auch der Versuch von Izdebski, sein Scheitern mit DiTech zu verarbeiten. Er will einen Punkt machen und neu anfangen. Das ist nicht so leicht, denn wie Izdebski richtig schreibt, ist Scheitern in Österreich nicht vorgesehen. Izdebski ist kein Autor und das merkt man dem Buch auch an. Aber für jeden, der Unternehmer ist, wird es viele Passagen geben, die informativer sind als viele Seiten der professionellen Management-Literatur.

Buchtipp:
Damian Izdebski – „Meine besten Fehler: #startupagain“
Buch erhältlich im Handel und unter www.meine-besten-fehler.at

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