Versuch rauchfrei

02. Dezember 2016

Ich blicke auf die übliche Rauchkarriere zurück. Als Teenager heimlich und im Schulhof, die paar Minuten in den Pausen runter hetzen. Dann gab’s mal bis zum Studium eine langjährige Pause, da Freund rauchfrei war und das plötzlich dann doch nicht so cool war nach Rauch zu stinken. Im Studium dann wieder. Freund weg, neue Stadt, neues Leben, night life, Stress, schwache Nerven - und ja, die Kippen waren wieder da. Somit waren es eine Menge Jährchen mit sehr vielen Kippen in der Lunge und Geld für die Tabakindustrie. Diese Jahre waren voller Versuche aufzuhören. Und sobald es mit den Nerven bergab ging, kam auch dieses “Ach scheiß drauf - wo ist die nächste Trafik?” Aber jetzt hat’s mir gereicht.

Die letzte Kippe
Am Abend vor Tag x gab es mal eine One Woman-Zigarettenparty. Ich tat einfach nichts, saß auf der Terrasse, hörte Musik und rauchte wie beim Fortgehen eine nach der anderen. Irgendwann war die Schachtel leer und dann kam der Moment “OK, jetzt ist es aus. Keine mehr drin. Und dann hast am Morgen auch nichts, was du dir anzünden kannst.” Und so war es.

Der Morgen kam, der Kaffee war am Tisch, aber keine Kippen. Oh Mann! Das war hart. Plötzlich fehlte dieses Ritual, das dir das Gefühl gab die Zeit zu füllen. Diese Chillmomente, während man raucht, in die Luft starrt und nichts tut, plötzlich weg. Und wenn der Kaffee nicht wär, würd ich nur mehr blöd da sitzen und ohne die Beschäftigung drum herum gar nicht wissen, was tun. Mir kam in den Sinn, dass ich verlernt habe zu entspannen, ohne dieses Gift in mich einzuatmen. Und diese Rituale, beim Fortgehen mit Freunden, im Kaffeehaus, zuhause beim Morgenkaffee, die Rauchpausen in der Arbeit - das alles waren so Entspannungsmomente, die so eine Zigarette für sich vereinnahmt hatte. Und dafür, dass es so ist, fing ich an mich selbst zu verachten. So ein Scheißzeug ist in der Lage mich zur Süchtlerin zu machen und meinen Willen zu beeinflussen? Und ständig beißt man sich in den Arsch, weil man die Disziplin nicht aufbringt, einfach ein gesundes Leben ohne das Zeug zu leben?

Erste Woche rauchfrei
Der erste Tag war sauschwer. Nervös, in den Bildschirmpausen bei der Arbeit wusste ich plötzlich nicht mehr wohin. Der Raucherraum war ja tabu. Ich spazierte blöd durch die Gegend, stand in der Küche herum und konnte auch die Zeit nicht einschätzen, wie lang ich da noch herum hocken soll. Früher war es ja die Zigarettenlänge. Ich lud mir eine Rauchfrei-App aufs Smartphone. Die sollte mir zeigen, was es mit dem Körper und der Geldbörse macht. Und dann nach drei Tagen ging es. Die Lungenkapazität verbesserte sich, ich konnte so frei atmen wie schon lange nicht mehr. Und ich saß am Morgen im Bus und merkte plötzlich wie die Welt stinkt. Mein Riechorgan war während dem Rauchen so verstopft, dass ich all die Gerüche um mich um einiges weniger wahrgenommen hatte. Im Bus setzte sich ein Mann neben mich. Dem Geruch nach zu urteilen ein Raucher. Und plötzlich kam in mir so ein Schamgefühl hoch, wie sehr man als Raucher wohl für die Nichtraucher stinken muss und wir “Raucher” das nicht mal wahrnehmen, weil wir uns nicht mehr so gut riechen können und wir auch die Welt ganz anders mit dem Geruchssinn wahrnehmen. 

Ich verspreche nichts
Vorgenommen habe ich es mir. Ehrlich! So Zigarettenkippen bringen keine Vorteile. So ein Genuss ist das Stinkezeug nicht. Es ist eine Sucht. Eine stinkende, gesundheitsschädliche Sucht. Ich versuche es, mir zuliebe, dem Körper zuliebe und meinen Mitmenschen zuliebe. Ob der innere Schweinehund gegen mich wieder gewinnt? Keine Ahnung. Ich kann’s nicht versprechen. Aber gebe mein Bestes. Hoffentlich spielen meine Nerven mit. Die Welt kann ja auch immerhin sehr nervig sein. Toi Toi Toi für mich und all die Leute da draußen, die ebenfalls versuchen aufzuhören.

 

 

 

 

 

 

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