Zahlst du mir, zahl' ich dir

02. Juli 2020

Zusammen oder getrennt? Eine Frage, die man von einem Kellner am Balkan aber ganz bestimmt nicht hören wird.

Der Wiener und der Jugo haben vieles gemeinsam. Schimpfen zum Beispiel. Frei nach Schnauze und in genussvoller Manier. Im Wirtshaus mit dem Hawara abhängen können beide auch wie die Weltmeister. Zwei, vier, zehn Bier. Wer zahlt da schon... Trinken verbindet. Zumindest bis die Rechnung kommt. Spätestens dann, wenn der Herr Ober nach „zusammen oder getrennt?“ fragt und der Wiener sechs Euro fünfundsechzig für seine zwei Seiterl aus dem Börserl kramt, weiß der Jugo, dass er sich auf kulturell fremdem Bezahl-Territorium befindet.

DEI’ BIER IS’ MEI’ BIER

Ein Kellner am Balkan fragt höchstens „Cash oder Karte“, knallt die Rechnung auf den Tisch und wartet, dass sich einer schon als Gastgeber angesprochen fühlt oder die Gesellschaft die Zeche brüderlich unter sich ausmacht. Da gibt es keinen Rechnungs-Separatismus. Mei‘ Bier is ned deppat. Die g‘schissene Rechnerei auf zwei Kommastellen aber schon. Wieso also einen geselligen Abend mit einer arithmetischen Fleißaufgabe enden lassen? Wenn ich das getoastete Roastbeef-Sandwich mit pochiertem Bio-Ei hatte, meine Freundin bloß mit einem Saft zufrieden war, ja na natürlich kommen die 2,40,- für ihren Obi gespritzt auf meine Quittung. Ist doch Ehrensache. Und nicht weiter der Rede wert. Also in meiner (Jugo)Welt.

ICH ZAHL! NEIN, ICH! WILLST DU MICH BELEIDIGEN?!

Haben wir ähnlich viel konsumiert und sind beide vom gleichen Bezahl-Schlag, folgt einem theatralischen Gerangel um die Rechnung –„Wag es jaaa nicht, Kellner, zu mir her, ich zahl‘ das!“ - ein ebenso symbolischer Akt des Aufgebens des Gegenubers. Wenn die Codes klar sind, wissen im Grunde eh beide Trink-Parteien, wer zahlen wird und wer die Bringschuld in jedem Fall ehrenvollerweise das nächste Mal im Gasthaus zu erfüllen hat. Die Sache ist ganz easy… But you have to understand the game...

ZAHLST DU GETRENNT, KOMMEN WIR NICHT ZUSAMMEN

Bei Dates, vor allem beim ersten bitteschön, sind die Spielregeln für mich ganz klar. Der Gentleman übernimmt die Rechnung und murmelt bitte kein schwitziges „Mh, ahh, ah, wie machen wir das, darf ich dich vielleicht einladen?“ Was heißt denn, darfst du? You had one job! Mir fallt da schon kein Zacke aus der Emanzipationskrone, wenn ich meinem Begleiter das letzte Stückchen geschützten Raum männlicher Behauptung überlasse. Wer sagt denn, dass ich als Gegenleistung für die Pizza Cardinale mit ihm ins Bett steigen muss? Das nennt man dann ja wohl anders, aber sicher nicht Date. Wenn sich der vermeintliche Traumprinz am Ende als Erbsenzahler erweist und lieber nur sein eigenes Schnitzel bezahlt, schlagt die Liebe eher auf den Magen. Wird die Rechnung getrennt, kommen wir sicher nicht zusammen. Ich bin da vielleicht zu old school oder zu Balkan. Den Blumenstraus lass‘ ich mir ja auch schenken, sagt mein Mann. Wieso nicht auch das Dinner. Also in meiner Welt ist das romantisch.

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