Der slawische Nationalismus

14. Januar 2016

Vizepremier Dmitri Rogosin trifft den umstrittenen Politiker Vojslav Seselj in Serbien. Ein Unterfangen, das die Offiziellen verstimmt und zur allgemeinen Verunsicherung beitragen sollte.

Was Erdogan für viele Muslime in Europa ist, stellt die Regierung von Putin für christlich-orthodoxe Slawen dar – nämlich einen Schutzpatron und „Vereiniger“. Zumindest bei Ukrainern hat sich Putin, auf kurz oder lang, die Chancen vertan. Dafür lässt sich in Serbien, Bosnien, Bulgarien und Mazedonien Land gewinnen. Schnittpunkte, die das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken sollen sind u.a. die Religion und Folklore.

Treffen zwischen Seselj und Rogosin

Vizepremier Rogosin befand sich diesen Mittwoch auf offiziellem Besuch in Serbien und ließ in Bezug auf den geplanten Raketenkauf Kroatiens mit seiner rhetorischen Frage aufhorchen: „ Wenn die Reichweite der Raketen 300 Kilometer ist, was ist dann deren Ziel?“ Russland gibt sich diplomatisch und bezieht doch Stellung für das orthodoxe Serbien. Als Antwort auf Kroatiens Aufrüstung zieht man in Belgrad den Kauf von russischen Raketen Typ S-300 in Betracht.

Am Rande des Staatsbesuchs trafen sich Rogosin - der für seine nationalistischen Tendenzen bekannt ist - und Vojislav Seselj, der ebenfalls für seine zweifelhaften Thesen berüchtigt ist. Der Vorsitzende der ultranationalistischen Partei SRS trägt kein offizielles Amt in Serbien, was die serbische Regierung verstimmte. Präsident Tomislav Nikolic ließ verlauten: „Ich als Präsident Serbiens habe noch nie die russische Opposition besucht.“ Rogosin sprach von einer „guten Beziehung“ zu Seselj und wollte nichts von einem Affront wissen. Seselj's gutes Verhältnis zur Putin-Regierung und russischen, rechtsradikalen Parteien ist weitestgehend bekannt.

Politik aus dem Tierreich

Die Idee des Panslawismus ist nicht neu, schon im 17. Jahrhundert rief der kroatische Theologe Juraj Krizanac zur Vereinigung  der slawischen Völker unter russischer Führung  auf. Das Besondere daran war jedoch, dass er dem katholischen Christentum angehörte und dieses für alle Slawen propagierte, wofür er in Russland nach Sibirien verbannt wurde.

Seit einigen Jahren genießt der slawische Nationalismus eine vielversprechende Wiedergeburt. Das Hauptaugenmerk der russischen, panslawischen Bestrebungen, liegt vorerst auf christlich-orthodoxen Ländern oder Regionen wie dem ostmoldawischen Transnistrien. Der panslawistische Gedanke hat Russen, Bulgaren und Serben schon 1877/1878 beim Russisch-Türkischen Krieg geeint.

Das russische Umwerben wird in den betroffenen Ländern schmeichelnd aufgenommen, dass das Anpreisen der slawischen Gemeinsamkeiten jedoch reinstes Politkalkül und Machtstreben ist, wird ausgeblendet. Panslawismus ist eine völkische Ideologie, die dem Pangermanismus („Drittes Reich“) in nichts nachsteht. In der Geopolitik gilt nach wie vor das animalische Prinzip, bei dem der Große den Kleinen frisst. 

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