Darker, Lighter, Puffy, Flat: Brüste und ihre Bedeutung im Fokus

22. Dezember 2023

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Marianne Vlaschits, The Deluge [Die Sinnflut], 2023, Courtesy la BEAST gallery / © Bildrecht, Wien 2023

In der Kunsthalle Wien Museumsquartier dreht sich die Schau „Darker, Lighter, Puffy,“ um die menschliche Brust. Wie so ein reichhaltiges Thema in einer Ausstellung aussehen kann.

Kaum ein anderes menschliches Körperteil erregt so viel Aufmerksamkeit, ist so oft Gegenstand von Skandalen und ist gleichzeitig Austragungsort politischer Debatten wie sie: Brüste. Dass sie auch durchaus im Jahr 2023 noch zu weitreichenden Diskussionen anregen können, zeigen regelmäßige Skandalnachrichten um Nippel- oder Busenblitzer von Stars, die Zensur von (weiblichen) Brüsten auf Social Media, die Oben-Ohne-Debatte in Schwimmbädern, und, und, und.

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Adam Rzepecki, Project of the Father Pole Memorial, 1981, Courtesy der Künstler und Dawid Radziszewski Gallery, Warschau
 

Widersprüchliche Symbolik

Dass es in der Kunsthalle Wien im Museumsquartier eine ganze Ausstellung rund um Brüste gibt, ist daher wenig wunderlich – die Schau „Darker, Lighter, Puffy, Flat“ ist eine Sammlung von rund 30 künstlerischen Positionen um die menschliche Brust, nimmt Bezug auf historische wie zeitgenössische Debatten und zeigt mitunter die widersprüchliche Bedeutung von Brüsten als Objekt sexueller Begierde, und als Symbol für Mutterschaft und Geborgenheit.

Gemälde, Skulpturen, Collagen, Video-Arbeiten, Fotografie und multimediale Arbeiten befassen sich mit Brüsten auf vielfältige Art und Weise. 

Insbesondere radikale, queere und feministische Diskurse um die operative Veränderung von Brüsten, sei es die Vergrößerung oder die Entfernung, finden Platz in der Ausstellung. Einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt eine Video-Arbeit der ungarischen Künstlerin Andrea Éva Györi mit dem Titel „Talking to Breasts“, in der sich die Künstlerin dabei filmte, wie sie ihre eigenen Brüste liebkost und streichelt, sie mit Küssen übersät und ihnen zärtliche Kommentare zuredet. Einerseits zeigt die Arbeit einen sinnlichen Austausch einer jungen Frau mit ihrem eigenen Körper, doch dahinter liegt eine mitreißende Realität: Györi nimmt Abschied von ihren Brüsten, da ein bösartiger Tumor eine doppelte Mastektomie verlangte. Im vergangenen Jahr erlag sie schließlich ihrem Brustkrebs.

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Lucia Dovičáková, Here for you, 2018, Courtesy die Künstlerin

Vielfältig wie Brüste selbst

Einen ganz anderen Zugang hat das Kollektiv Radha May, die sich mit der Zensur im italienischen Kino der 50er und 60er Jahre befasst: Das fortlaufende Projekt „When the Towel Drops“ zeigt dicke Stapel von Dokumenten, die eine Zensur von Darstellungen von lesbischer Liebe oder weiblicher Selbstbefriedigung begründen, während gleichzeitig Szenen aus besagten Filmen gezeigt werden. Im Zusammenhang mit der Kapitalisierung von weiblichen Körpern in der Filmindustrie des 20. Jahrhunderts zeigt die Arbeit die Doppelmoral hinter „erlaubten“ und „nicht zulässigen“ Darstellungen von Weiblichkeit.

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Ausstellungsansicht Darker, Lighter, Puffy, Flat: Misleidys Castillo Pedroso, Untitled, ca. 2016-2022, Kunsthalle Wien 2023, Foto: Apollonia T. Bitzan

Die farbenfrohen Cut-Outs der kubanischen Künstlerin Misleidy Castillo Pedroso thematisieren Bodybuilding und die unterschiedlichen ästhetischen Standards, die für Männer und Frauen in diesem Sport gelten. Sie vermischt Eigenschaften auf eine Art miteinander, welche die traditionellen Vorstellungen von Maskulinität/Femininität hinterfragt. 

Mit dem Thema Brüste, sowie speziell mit dem Nippel, könnte man womöglich mehrere Museen füllen – die Schau „Darker, Lighter, Puffy, Flat“ eröffnet hingegen mit ausgewählten Werken ein breites diskursives Themenfeld, das so vielfältig ist, wie Brüste selbst. Mit Beiträgen von Maria Lassnig, Bruno Gironcoli, Claudia Lomoschitz, Laure Prouvoust, Rafal Zajko und vielen mehr

Im begleitenden Ausstellungsbooklet sind ergänzende Texte, Interviews und Essays zu finden. Neben der regelmäßigen Sonntagsführung gibt es im Jänner und Februar Kombiführungen durch die Kunsthalle Wien und das Kunsthistorische Museum.

Alle Informationen zur Ausstellung finden sich hier.

 

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