Die Sprache als Spiegel der Welt

13. Januar 2016

Der "gute Mensch" hat 2015 viel geleistet, jetzt wurde er ausgezeichnet.

Die Liste der Unwörter ist nicht sehr lang, es sind seit gestern 25 um genau zu sein. Bei der Wahl des „Unwort des Jahres“ wird u.a. darauf geachtet, ob der nominierte Begriff gegen Menschenwürde, demokratische Prinzipien, irreführend oder gar diskriminierend ist. 

Diesmal einigte sich die Jury auf das Wort „Gutmensch“, das in Verbindung mit der Flüchtlingsthematik meistens im polemischen Sinn gebraucht wurde, um Helfer als naiv und verstandslos zu bezeichnen. Als Begründung für diese Nominierung ließ die Jury verlauten:

„[…] Mit dem Vorwurf „Gutmensch“, „Gutbürger“ oder „Gutmenschentum“ werden Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm und weltfremd, als Helfersyndrom oder moralischer Imperialismus diffamiert.“ 

2015 war das Jahr, in dem der Flüchtlingsandrang in Europa die mediale Landschaft dominierte und die Gesellschaft polarisierte. Das spiegelte sich in diversen Diskussionen wider, in denen sich „Gutmenschen“ und „Wutbürger“ gegenüberstanden. Die Bezeichnung „Gutmensch“ war schon 2011 nominiert, konnte sich jedoch gegen „Döner-Morde“ nicht durchsetzen, womit man in den Medien die Mordserie der NSU bezeichnet hat.

Nicht nur die Zahl 25 lässt ein Jubiläum ahnen. Bei der ersten Unwort-Nominierung vor 25 Jahren fiel die Entscheidung auf „ausländerfrei“, was für eine fremdenfeindliche Demonstration als Leitparole galt, bei der ein Flüchtlingsheim und ein Heim für Vertragsarbeiter angegriffen wurden. Bis zu 500 Personen beteiligten sich an den rassistischen Übergriffen.

Es lässt sich erkennen, dass die Welt unter einer kollektiven, psychischen Krankheit leidet, die in der Psychologie als „Wiederholungszwang“ bezeichnet wird. Die Geschichte wiederholt sich periodisch, dem Rassismus sind keine kreativen Grenzen gesetzt. Fremdenhass nimmt mit Polemik seinen Anlauf und schreitet mit physischer Gewalt durch die Zielgerade. Nur so viel ist klar: Wir sind fast am Ziel.

 
 

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