"Paris Hilton kenne ich nicht."

15. April 2014

Unternehmer, Chart-Stürmer, Abt des Stift Heiligenkreuz und nun Autor. Alt-Abt Georg Henckel-Donnersmarck sprach mit biber über sein neues Buch „Reich werden auf die gute Art“ und darüber, ob Jörg Haider im Himmel ist.

 

biber: In Ihrem neuen Buch „Reich werden auf die gute Art“ geht es um das Geldverdienen. Sind Sie reich – im materiellen Sinn?

Henckel-Donnersmarck: Ich habe das Armutsgelübde abgelegt, ich besitze nichts. Seit 30 Jahren verdiene ich kein Geld, aber das Kloster sorgt ja für mich. Ich lebe für den Orden, für die Kirche und es ist nicht unkomfortabel. Ich fühle mich daher frei, um über dieses Thema theoretisch und grundsätzlich vom Prinzip her nachzudenken.

 

Am 30.März kommt Ihr Buch heraus. Sie haben sich bereits als Unternehmer und Musiker versucht, eigentlich sehr untypisch für einen Geistlichen…

Ich würde mich nicht als Musiker bezeichnen. Das Gebet, das wir nach der Tradition des gregorianischen Chorals singen, ist als Tonträger aufgenommen worden und hat dann erstaunliche Auflagezahlen erreicht. Mein neues Buch möchte ich als Beitrag der Entdämonisierung der Wirtschaft sehen. Es hat in den letzten Jahren eine beklagenswerte Imageverschlechterung der Wirtschaft stattgefunden. Manche Menschen haben wirtschaftliche Katastrophen verursacht. Man darf aber nicht vergessen, wir alle leben von der Wirtschaft. Das Buch wirft die Frage auf: Gibt es Menschen, die die Wirtschaft nicht als moralischen Sumpf sehen und etwas auf die gute Art und Weise erreichen wollen?

 

Papst Franziskus sagt: „Solange jeder nur nach mehr strebt, wird es keine Gerechtigkeit geben.“ Sie sagen aber in Ihrem Buch, dass Geld die Belohnung für das Erreichen wesentlicher Ziele ist. Wie kann ich durch gutes Tun reich werden?

Wenn wir uns an die moralisch-ethischen Prinzipien halten würden, die die christliche Religion immer wieder anbietet und die nie gehört werden, wäre vieles anders. Neben gesetzlichen Regelungen wäre auch ein Gentleman-Agreement von Vorteil. Es wäre sogar besser, weil man dann keine gesetzlichen Schlupflöcher sucht, um ungeschoren davonzukommen. Wir brauchen eine Wirtschaft, die nicht tötet, sondern Entfaltungsmöglichkeiten bietet.

 

Sie verweisen in Ihrem Buch auf Paris Hilton als negatives Beispiel und sprechen von den Gefahren des Reichtums. Warum ist sie in Ihren Augen ein böses Mädchen?

Ich kenne Miss Hilton nicht und kann nicht moralisch über sie urteilen. Sie scheint aber eine Galionsfigur zu sein, das Vermögen wird nicht positiv verwendet. Sie gibt ihr Geld für Luxus und Kleider aus. So sollte es nicht sein. Bill Gates ist ein gutes Gegenbeispiel. Er bewirkt mit seinem Vermögen Gutes. Mit all seinen Zielen stimme ich nicht überein, aber seine Grundansicht „Ich will mit meinem Vermögen Gutes bewirken“ ist richtig.

 

Ihrer Meinung nach muss der Mensch im Mittelpunkt stehen und die Wirtschaft soll für ihn da sein. Wie erleben Sie die aktuelle Situation in unserer Gesellschaft?

Wie Johannes Paul II gesagt hat: Der Mensch ist nicht das Objekt der Wirtschaft, sondern das Subjekt. Es ist alles seinetwegen da. Er ist kein Produktionsfaktor. Ich handle solidarisch, wenn ich meine Lieferanten, Kunden fair behandle. Dieses Prinzip der Solidarität sollte in der Wirtschaft vorhanden sein. Die Subsidiarität ist der zweite Punkt. Die kleinere Gemeinschaft hat Vorrang vor der größeren. Die größere Gemeinschaft darf nur helfend eingreifen, wenn es die kleinere nicht schafft.

 

Kann ein Moslem mit ihrem Ratgeber erfolgreich werden und in seinen Himmel kommen?

Das müssen sie einen Muslim fragen, aber ich bin sicher, dass es auch eine moralisch verantwortende Wirtschaft in den muslimischen Ländern gibt, wo Menschen aus ethischer Verantwortung handeln und mit dem Erworbenen verantwortlich umgehen. Es sind die Prinzipien der katholischen Soziallehre, die ich befolge. Ich nehme an, dass Muslime in dieser Hinsicht wie Sie und ich sind und versuchen, sich gottgefällig zu verhalten.

 

Sie haben an der WU studiert, sind dann ins Kloster gegangen. Warum?

Diese Frage wird mir seit dem Jahr 1976 gestellt. Man fragt mich: Wie kann man denn, wenn man eine Managerkarriere erfolgreich begonnen hat und mit 30 Jahren noch eine lange Karriere vor sich hat, auf alles verzichten? Man kann, weil es noch wertvollere Dinge im menschlichen und geistlichen Leben gibt. Ich lehne die Welt und die Wirtschaft außerhalb des Klosters nicht ab. Ein wichtiges Motiv war die Treue zum damaligen Papst Paul IV. Und nach dem Besuch des Papstes bei mir in Heiligenkreuz, naja, ist die Lebensrechnung bei mir aufgegangen.

 

Sind Sie noch immer glücklich mit dieser Entscheidung?

Ja. Ich habe den Eindruck, dass ich als Mensch in der Wirtschaft, und in Ehe und Familie, Freude gefunden hätte. Trotzdem bin ich der Meinung, dass der Weg für mich richtig war und ich heute nach einem abwechslungsreichen Leben glücklich geworden bin.

 

Sie haben eine liberale Einstellung gegenüber anderen Religionen und haben auch in einer Wiener Moschee einen Vortrag gehalten. Was unterscheidet Sie von anderen katholischen Geistlichen?

Je fester man im Glauben steht, umso eher ist man im Stande in einen Dialog mit Anders-Glaubenden zu treten. Dazu kann ich die Geschichte aus der Moschee erzählen. Es war eine Tagung mit verschiedenen Referenten: katholischen, nicht katholischen und Muslimen. Während der Rede begann dann der Muezzin-Ruf. Ich habe dann gefragt, wie wir uns hier als Christen verhalten sollen. Die Antwort war, es wäre schön, wenn wir während des Rufs gemeinsam schweigend zu Gott beten. Das haben wir gemacht und danach ging die Diskussion weiter. Später ist der Vorsteher zu mir gekommen, hat mich umarmt und mir gesagt, ich sei als Gast des Hauses immer willkommen. Er hat mich geschätzt, weil ich mich getraut habe, meinen Glauben zu bekennen, aber ihn in seinem Glauben trotzdem ernst nehme.

 

Glauben Sie, dass Jörg Haider nach der Hypo-Affäre im Himmel ist?

Ich hoffe es für ihn. Gottes Barmherzigkeit ist groß, wir sollten keine Menschen verurteilen. Ich habe das Gefühl, dass Jörg Haider in Kärnten eine sehr kritisierbare Politik betrieben hat. Ich habe mich sogar für diesen Ortstafelstreit geniert. Das Hypo-Alpe-Adria-Debakel ist natürlich katastrophal. Da hat aber seine Tochter nicht ganz unrecht, denn Haider hat in seiner Zeit die heiße Kartoffel „Hypo Alpe Adria“ an die Bayern abgeschoben. Es bleibt die Frage, ob die Haftungen des Landes Kärnten damit auch abgeschoben waren, was ich nicht glaube. Daher halte ich, egal wer das gemacht hat, die sogenannte Notverstaatlichung für einen Fehler. Ich weiß, dass Menschen, wenn sie gegen ihr Gewissen und gegen ihre Überzeugung handeln, schwer sündigen. Das muss aber jeder für sich entscheiden. Ich hoffe, dass möglichst viele Menschen Gottes Gnade erfahren und den Weg in die ewige Seligkeit finden. Ich muss ja auch auf die Barmherzigkeit Gottes hoffen.

 

Zur Person: Gregor Henckel-Donnersmarck stammt aus der gräflichen Linie der schlesischen Familie Henckel von Donnersmarck. 1970 bis 1977 war er Manager des Logistikdienstleisters Schenker & Co. 1977 trat er im Stift Heiligenkreuz ein und leitete dieses als Abt von 1999 bis 2011. Unter seiner Leitung stürmten Mönche des Klosters mit ihrem Album „Chant - Music for Paradise“ die internationalen Charts.

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