Aufarbeitung eines Grundwehrdieners

Verkatert, 24 Stunden wach, mit einer ordentlichen Portion Vorfreude und doch im Wissen, einen Lebensabschnitt beendet zu haben, der so wahrscheinlich nicht mehr vorkommen wird. Am 27. Juli hieß es für eine Kompanie des österreichischen Bundesheeres "Mit einem lauteten HURRA vom Dienst abtreten!"

Unerwartete Reise

1. Februar 2016, 50 Jugendliche begeben sich auf eine unerwartete Reise, alle mit dem Wissen, dass die nächsten vier bis fünf Wochen vermutlich kein Zuckerschlecken werden. Zu viel kennt man aus Erzählungen, von Bekannten und Freunden und doch kann man selbst überhaupt nicht beurteilen, was genau beim Wehrdienst auf einen zukommt. Der wenig herzliche Empfang gab uns zumindest eine ungefähre Vorstellung der uns bevorstehenden Zeit. 06:00 Tagwache und Dienstschluss um 22:00 Uhr, das ist das tägliche Brot in der ersten Woche. Drills unterschiedlichster Formen und Variationen prägten den Alltag der noch neuen Rekruten, besonders in Erinnerung blieb mir dabei der Faschingsdienstag. Unter dem Deckmantel eines Maskenballs, fand ein fünf Stunden andauernder Adjustierungsdrill statt. Hier gibt es ein Zeitfenster in der eine gewisse Adjustierungsform (Bekleidungsform) hergestellt werden muss. Stellte man sich besonders dumm an, bekam man durchaus Dinge wie "Sie sind weniger wert als der Dreck unterm Fingernagel einer Prostituierten" oder "Sie bewegen sich wie die sechste Generation Inzucht" zu hören, wobei jede Aufgabe in einem lösbaren Rahmen war. Während dieser Zeit sollte man U-Boot spielen, um keinen Preis auffallen, so schafft man es ganz gut diese Zeit ohne massive Rückbildung des eigenen Selbstwertgefühls zu überstehen. Geteiltes Leid ist hier definitiv halbes Leid, hat man doch Kameraden die genau dieselbe Situation durchleben, nur ein Grund warum es sich nach einigen Wochen bereits so anfühlt als würde man sich seit Jahren kennen.

"Für Zivildienst ist es zu spät"

In den darauffolgenden 5 Monaten hatte ich als C (LKW) Fahrer eine ziemlich entspannte Zeit, wobei der Soldatenalltag über die gesamten Periode doch eine beklemmend große Rolle in meinem Leben eingenommen hat. Dabei denke ich an die zahlreichen Chargendienste dich ich absolvieren durfte. Zur Erklärung, als Charge hat ein Soldat die Aufgabe, 24 Stunden unbefugten Personen den Zutritt zu einem Gebäude zu verweigern und gegebenenfalls eine Ausweiskontrolle durchzuführen. Fünf Stunden Schlaf sind während der Dienstzeit genehmigt, die restliche Zeit verbringt man auf einem fast schon nostalgischem Holztisch (elektronische Geräte sind strengstens verboten) auf dem andere Rekruten ihren Frust während dem Chargendienst, naja nicht auf Papier, sondern eben auf Holz bringen. "Für Zivildienst ist es zu spät" und "Während du hier sitzt, schlafe ich mit deiner Freundin" sind nur zwei von zahlreichen Erinnerungen die frustrierter Grundwehrdiener in den Tisch eingeritzt haben.

Resümee

Rückblickend war es eine unglaublich primitive Zeit, ich habe Menschen kennengelernt die dem Bild eines frustrierten Berufssoldaten zu 100 Prozent gerecht wurden, jedoch gab es auch Personen, von denen ich froh bin, sie kennengelernt zu haben, neben einigen Vorgesetzten sind das vor allem meine Kameraden. Jetzt blicke ich mit einem Schmunzeln auf die Zeit zurück, jedoch auch mit einer Portion Stolz, denn die Beförderung zum Gefreiten war eine gewisse Anerkennung für das was wir ein halbes Jahr erlebt und gemeinsam durchgestanden haben. Eine interessante Erfahrung, die ich nicht wiederholen würde und die meine Weltanschauung und Ideologie nicht verändert, sondern mich in meiner eigenen Meinung bestärkt hat.

 

Stefan ist 19 Jahre alt und besucht die Dr. Roland Maturaschule.

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