„Blackwashing“ ist genauso schlimm wie Whitewashing

10. Juli 2021

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Nada El-Azar
(C)Zoe Opratko

von Nada El-Azar

Vergangenes Jahr 2020, in dem Beethoven seinen 250. Geburtstag gefeiert hätte, ist eine neue Debatte auf Twitter entflammt: Beethoven soll schwarz gewesen sein. Als Indiz dafür sollen historische Beschreibungen dienen, die ihn „mit „schwarzbrauner Gesichtsfarbe“, „abgeflachter Nase“ und „breitem Mund“ beschrieben. Nun möchte ein Projekt zwischen Wien und Berlin namens  „BLKBTHVN“ beweisen, dass an der Theorie etwas dran ist. „Dazu haben wir in Wien die Exhumierung Beethovens und seiner mutmaßlichen Tochter beantragt, um den (…) Zeitzeug:innenberichten von seinem nicht-weißen Phänotyp einen Beleg seiner multiethnischen Abstammung hinzu zu fügen“, hieß es in einer zugehörigen Presseanfrage. Auf dem bekannten Stieler-Porträt, dem auch Beethovens Wachsfigur im Madame Tussaud’s nachempfunden ist, ist der große Komponist mit rosig-weißem Gesicht abgebildet: Achtung, Whitewashing-Alarm! Zudem soll Beethoven mit dem unbestritten schwarzen Komponisten George Bridgetower befreundet gewesen sein. Klar, wenn er einen schwarzen Freund hat, ist er wahrscheinlich selber schwarz, oder? Die AfD hat sich in Deutschland selbstverständlich vehement gegen solche Mutmaßungen gewehrt – der größte Sohn des Rheinlands kann partout keine „Person of Color“ sein. Dass die AfD rassistisch ist, ist aber ohnehin kein Geheimnis. Und wenn Beethoven ein Schwarzer wäre – was würde das denn großartig ändern? Sollten wir nicht eher versuchen, vergessene oder verkannte Figuren aus der Geschichte, die unmissverständliche „PoCs“ gewesen sind, als Genies vor den Vorhang holen, statt einen bereits bekannten Komponisten wieder auszugraben und ihm das Prädikat „schwarz“ zuzuordnen? Es gibt so viele Größen der Musikgeschichte, die es heute verdient hätten, endlich neu entdeckt zu werden. Es ist ganz ähnlich wie im Fall der BBC-Verfilmung von „Anne Boleyn“, in der die schwarze Jodie Turner-Smith die Hauptrolle spielen wird. Rassismus wird nicht bekämpft, indem man einer weißen Figur aus der Geschichte ein schwarzes Gesicht überstülpt – sondern, in dem man die Narrative hervorhebt, die tatsächlich das Bild von Minderheiten ändern können.

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