HDP-Abgeordneten droht Gefängnis

17. Mai 2016

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ULAS YUNUS TOSUN / EPA / picturedesk.com

Im türkischen Parlament wird diese Woche über die Aufhebung der Immunität von mehreren Abgeordneten abgestimmt. Die HDP wäre am stärksten davon betroffen. Insgesamt 136 Volksvertretern drohen Ermittlungen und der Gang ins Gefängnis.

Die Türkei auf dem Weg zum totalen Präsidenten-Staat: Im Parlament stimmen die Fraktionen über die Aufhebung der Immunität von ausgewählten Abgeordneten ab. Diese schützt sie vor Strafverfolgungen, aufgrund ihres Amtes und ihrer Funktion. Gleichzeitig ist sie eine wertvolle Regelung, um die Opposition vor willkürlichen Entscheidungen der Regierung zu schützen.

Doch genau das ist eine große Hürde für Präsident Recep Tayyip Erdoğan auf dem Weg zu allumfassenden Machtbefugnissen. Jegliche Gegner des Staatsoberhaupts sollen aus dem parlamentarischen Betrieb entfernt und mundtot gemacht werden. Bislang war es die HDP, die sich am hartnäckigsten gegen diesen Kurs gewehrt hat. 

Worum geht es konkret? Nach der Parlamentswahl im Juni vergangenen Jahres, hat die AKP ihre absolute Mehrheit eingebüßt. Verantwortlich ist dafür der Einzug der pro-kurdischen HDP. Bei den Neuwahlen im November schaffte es die AKP zwar, ihre Mehrheit zurückzuholen, die HDP dagegen blieb nach wie vor im Parlament und sorgte dafür, dass die Regierung keine verfassungsgebende Mehrheit erlangte.

136 Abgeordnete betroffen
Dieser Tatsache ist es geschuldet, dass Erdoğan und seine Gefolgschaft eine Hetzkampagne gegen die Abgeordneten der HDP starteten. Regelmäßig wird ihnen vorgeworfen, der parlamentarische Arm der Untergrundorganisation PKK zu sein. Unter dem Vorwand des Terrorverdachts soll daher ihre politische Immunität aufgehoben und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen HDP-Politiker eingeleitet werden. Offiziell betrifft dies 136 Abgeordnete aus allen Parteien. Doch zweifelsohne wäre die HDP am stärksten betroffen. Von ihren 59 Abgeordneten drohen 50 ein Amtsenthebungsverfahren und damit auch Gefängnis.

„Erdoğan wird es bereuen“
Der Co-Vorsitzende der HDP, Selahattin Demirtaş, warnt vor einem "Ein-Personen-Staat". Gegenüber dem Fernsehsender IMC TV, kündigte er jedoch an, seine Ziele auch aus dem Gefängnis zu verfolgen, sollte er tatsächlich eine Haftstrafe bekommen. „Wenn ich ins Gefängnis komme, werde ich mich erst recht für den Frieden unserer Völker einsetzen und das Programm meiner Partei verbreiten. Erdoğan wird es bereuen, mich ins Gefängnis zu werfen und die Umstände werden ihn zwingen, mich dort wieder rauszuholen“, so der 43-Jährige.

Abweichler in der AKP
Sollte tatsächlich die Immunität der Abgeordneten aufgehoben werden, wäre dies der wichtigste Schritt in Richtung Ein-Personen-Staat. Allerdings ist der Ausgang der Entscheidung nicht sicher. Es gibt nämlich Abweichler innerhalb der AKP, die einen zu mächtigen Präsidenten verhindern wollen. Der Vorsitzende der ultra-nationalistischen MHP, Devlet Bahceli, hat zwar angekündigt, dass seine Partei für die Aufhebung stimmen wird. Allerdings gibt es auch hier Abgeordnete, die Bedenken äußern. Selbst Mitglieder der sozialdemokratischen CHP werden dafür stimmen. Für den Erfolg dieser Initiative ist eine zweidrittel Mehrheit nötig. Ob sie erreicht wird, ist fraglich.

Recep Tayyip Erdoğan ist jedoch gewillt, die Entscheidung zu seinen Gunsten durchzubringen. So hat er gefordert, namentlich und bildlich all jene festzuhalten, die gegen die Aufhebung stimmen. Nicht nur auf die Kurden hat der Präsident es abgesehen. Auch die eigenen Leute werden vom Präsidenten nicht verschont. Erst kürzlich musste Premierminister Ahmet Davutoğlu von seinem Amt zurücktreten, da er scheinbar Vorbehalte gegen einen zu mächtigen Erdoğan hatte. 

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