Was man in der Uni wirklich lernt

20. Oktober 2016

Über Coolness, wenn man clueless ist, Micheal Scofield-Wände, nervige Leute, die man einfach nur im Uni-WC einsperren möchte, die Macht der Facebook-Gruppen und Momente, in denen man einfach aufs Lernen scheißen sollte.

(Achtung: Es folgt eine sentimentale kurze Vorgeschichte, die wahrscheinlich keine Sau interessiert, aber zur Entstehung dieses Blogs geführt hat)

Ich habe in dieser Woche den gelben Prüfungspass für meinen Bachelor eingereicht. Beim Ausfüllen musste ich noch einmal alle Seminare, Prüfungen und Noten durchgehen, die für die 180 ECTS-Punkte notwenig waren. Dabei habe ich mit einer meiner besten Freundinnen telefoniert. Ich habe sie im ersten Semester meines Studiums kennengelernt. Sie war mir sofort sympathisch, weil sie zu spät war und auf eine lustige Art und Weise in den Raum hineingestürmt ist. Außerdem spricht sie fließend Sarkasmus <3 Wie es das Schicksal so wollte, mussten wir gleich am ersten Tag zusammenarbeiten und haben uns nach dem Seminar unterhalten. Ihre Eltern sind aus dem Kosovo, meine aus Mazedonien. Wir sprachen über die Kultur der beiden Länder und über die Ähnlichkeiten. Danach waren wir fast immer in denselben Seminaren und Vorlesungen. Wir haben die Uni praktisch gemeinsam gemeistert und sind schnell Freundinnen geworden. #mehralseinezweckgemeinschaft

Nachdem wir unsere Prüfungspässe eingereicht haben, fuhren wir mit dem Bus nach Hause in den 20. Bezirk. „Scheiße, wir sind jetzt Akademikerinnen“, sagten wir lachend. Was für andere vielleicht nichts Aufregendes ist, ist für uns ein echtes Highlight. Ich möchte auch nicht übertreiben. Ein „Bachelor of Arts“ ist kein Weltwunder, ich weiß eh. Aber für zwei 22-jährige mit „Tschuschen-Eltern“ aus der Arbeiterschicht, schien ein akademischer Grad lange Zeit wie etwas Unerreichbares. Unsere Familien bestehen eben nicht gerade aus Wissenschaftlern, Architekten, Anwälten und Ärzten, was sie auch nicht zu schlechteren Menschen macht, sondern vieles einfach nur anders. Es gab keinen „Kind, du musst studieren!“-Druck von unseren Eltern. Studieren gehen war unsere freie Entscheidung und Druck mussten wir uns selbst machen.

Kommen wir nun zum eigentlichen Hauptthema: Zum Schluss sprachen wir nämlich darüber, was wir in den letzten Semestern tatsächlich gelernt haben. Weil ich so nett bin, teile ich die Ergebnisse mit euch. Vielleicht helfen sie Studienanfängern ein bisschen weiter. Keine Sorge, es geht nicht um die Lern-Inhalte. Es geht um Life-Lessons. *dramatische Musik*

Cool bleiben, am Anfang ist eh jeder clueless – ich schwöre

Das erste Semester ist für alle ein Ratespiel, auch wenn es anfangs nicht so aussieht. Als ich mir zum ersten Mal alle Bakk-Lehrveranstaltungen angesehen habe, habe ich ein bisschen Panik bekommen und mich gefragt, wie man das alles schaffen kann. Ich wusste nicht, wie viel oder wie lange man für eine Uni-Prüfung lernen sollte. In der Schule hat man neun Kapitel aus dem Buch bekommen und alles in ca. drei Tagen lernen können. Nun hieß es „Kauft euch dieses Skriptum und diese drei Bücher. Was genau kommt? Ha-ha ALLES natürlich!“ Spätestens nach den ersten Seminaren und Gesprächen mit anderen Studenten merkt man, dass sich am Anfang niemand wirklich auskennt und alle überfordert sind. „Oh Gott, ich hab auch keeeeeeine Ahnung.“ war einer der Standardsätze im ersten Semester. Bleibt aber cool, nach einer Weile werdet ihr euch auskennen und euch darüber wundern, warum ihr anfangs alles so kompliziert gefunden habt.

Planen und organisieren wie Michael Scofield aus „Prison Break“

Wer die erste Folge von „Prison Break“ gesehen hat, kennt die Wand mit den ganzen Informationen, die Micheal dabei helfen sollen seinen Bruder aus dem Knast zu kriegen. Organisation ist das A und O, ob man seinen Bruder nun aus dem Gefängnis holen will oder die Uni möglichst rasch beenden möchte. In meinem Zimmer befand sich, bis vor ein paar Tagen, so eine ähnliche Notiz-Wand, jedoch mit Prüfungsterminen, Uhrzeiten, Hörsaal-Nummern, Adressen, ECTS-Punkten, Seminar-Infos, Deadlines und Co. Natürlich reicht auch ein normaler Libro-Block. Bei den 46 verschiedenen Seminaren und Prüfungen erschien mir die Wand jedoch übersichtlicher. (oder vielleicht cooler?) In der Schule hat man die Prüfungstermine und die Stundenpläne einfach von den Lehrern bekommen. In der Uni wird man lernen sich die Termine selbst zu suchen, sich für jede einzelne Lehrveranstaltung oder Prüfung selbst anzumelden und sich an die Fristen zu halten, da man sonst nicht weiterkommen wird.

Mit Leuten zusammenarbeiten, die man am liebsten ein ganzes Semester lang im WC einsperren möchte

Früher oder später wird man in den ganzen Seminaren mit Personen zusammenarbeiten müssen, die man absolut nicht leiden kann. Wenn man Pech hat, ist es keine einmalige kleine Gruppenpräsentation, sondern ein großes Projekt, das ein ganzes Semester lang dauern wird. In meinem Fall war es eine Person, die absolut keinen Sinn für Humor hatte und mit ihrer verdammt arroganten Art einfach jede Idee, die nicht von ihr kam, schlecht reden musste. Was sie nicht sehen wollte: Ihre Einfälle waren meistens nicht umsetzbar und die Gruppe musste anfangs darunter leiden, bis man sie schließlich zu Kompromissen gedrängt hat. Man lernt, dass man in solchen Situationen nicht einfach die Klappe halten darf und man bestimmte Wege finden muss, um ans Ziel zu gelangen, auch wenn man keinen Bock darauf hat.

Keine „Angst“ vor Unterhaltungen mit Älteren oder Vorarlbergern :P

Wie bereits erwähnt, trifft man besonders in den Seminaren, in kürzester Zeit, auf ganz viele Personen. Es sind Leute aus unterschiedlichen Altersgruppen, Bundesländern oder Ländern. Meistens eben Leute, die man sonst vielleicht nicht kennengelernt hätte. In einem meiner ersten Seminare saß ich als 18-jährige neben einer 27-jährigen Frau mit zwei Kindern. Der Altersunterschied zwischen meinen Uni-Kollegen und mir betrug oft 5-6 Jahre. Ich kam mir anfangs zwischen diesen Erwachsenen, die schon wussten was sie aus ihrem Leben machen wollten, vor wie ein kleines Baby. Nach einer Zeit fiel mir jedoch auf, dass die Unterschiede zwischen uns doch nicht so groß waren, sie baten mich sogar ziemlich oft um Hilfe.

Ich habe außerdem zum ersten Mal mit Personen aus Vorarlberg gesprochen (oder es zumindest versucht:P) und Studentinnen aus Deutschland und Albanien kennengelernt und mich mit ihnen angefreundet.

Facebook ist dein neuer BFF

Wichtiger als das "eigentliche Lernen" ist zu lernen, wo man nützliche Infos findet oder welche Personen man am besten danach fragen sollte.

Facebook wird in der Uni euer bester Freund sein. Wer sich nicht traut seine Uni-Kollegen direkt anzusprechen und ihnen Fragen zu stellen, braucht einen Facebook-Account. Fast jede Vorlesung hat eine FB-Gruppe. Sie können Studenten wirklich weiterhelfen, wenn man sie nicht ignoriert. Man findet allgemeine Fragen, Mitschriften, Alt-Fragen von Prüfungen oder andere Lern-Materialien. Der harte Weg ist eben nicht immer der schlauste. Es ist besser zuerst zu checken, welche Themenbereiche meistens abgefragt werden und sich dann auf diese zu konzentrieren. Jeden Satz aus Skripten und Büchern auswendig zu lernen, wird einen auf die Dauer nur verrückt machen. Alt-Fragen aus FB-Seiten haben schon vielen Leuten die Ärsche gerettet, also unterschätzt sie nicht. Auch bei Seminaren sollte man sich zuerst auf Facebook erkundigen, bevor man sich anmeldet. Viele Studenten berichten nämlich von ihren Erfahrungen mit den jeweiligen Seminar-Leitern. Es gibt Warnungen und Empfehlungen.

Prüfungen verhauen ist vollkommen in Ordnung und manchmal muss man einfach aufs Lernen scheißen

Ich kenne niemanden, der noch nie eine Uni-Prüfung versaut hat. Naja, vielleicht habe ich auch nur die falschen Freunde :P Whatever, eine negative Prüfung ist kein Weltuntergang. Eine Prüfung nicht zu schaffen heißt nicht, dass man dumm ist, man hat vielleicht zu unkonzentriert oder zu wenig gelernt. Manchmal gibt es aber auch wichtigeres als Lernen, wie zum Beispiel notwendige Chill-Phasen, Partys, die Geburt des Kindes der besten Freundin, Lieblingsfilme, die gerade im Fernsehen spielen oder beste Freunde/Verwandte, die einen guten Rat und eine heiße Tasse Kaffee (oder Alkohol, kommt eben drauf an) brauchen. Eine Prüfung kann man wiederholen, das Leben aber nicht. Man hat ja nicht um sonst 4. Antrittsmöglichkeiten. Nehmt es gelassen und beim nächsten Antritt habt ihr den Lernstoff immerhin schon einmal gesehen.

 

 

 

 

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