„Ich habe Geburtstag“

biber feiert die ersten fünf Jahre seiner Existenz. Ein Jubiläum. Jedes Jubiläum ist ein Grund zu feiern.

Das erste Jubiläum eines jeden Menschen ist wohl seine Geburt. Als biber geboren wurde, hat es sofort auf sich aufmerksam gemacht. Als ich geboren wurde, hat es zuerst niemand bemerkt. Außer meine Mutter. Wir sind am gleichen Tag geboren – dem 8. März. Sie hatte Angst, dass sich niemand mehr an ihren Geburtstag erinnern würde, also wollte sie einen Meilenstein setzen und brachte mich an ihrem Geburtstag zur Welt – danke Mama!

Mein fünfter Geburtstag ist der erste, an den ich mich erinnern kann. Mein Vater sagt, dass ich ein Teleskop geschenkt bekommen habe. Meine Mutter sagt, es war ein Lastwagen. Ich habe in späteren Jahren mit einem Teleskop die Nachbarin von Gegenüber beim Ausziehen beobachtet. An einen Lastwagen kann ich mich nicht erinnern. Schade eigentlich, vielleicht ist das der Grund dafür, dass ich bis heute keinen Führerschein habe.

Zu meinem 10. Geburtstag  herrschten in meinem Heimatland soziale Unruhen. Die Menschen wollten die immer noch regierenden Kommunisten verjagen. Ich ging ganz vorne auf den ganzen Demos mit. Ich sag euch, das war ein Anblick: Klein Todor mit seinen rosa Wangen hat die Massen noch mehr inspiriert. Mein Geburtstagsgeschenk: Unsere Partei hat gewonnen! Doch, die, die danach an die Macht kamen, wurden in ein paar Jahren die meist gehassten Politiker im Lande. Was soll´s, that’s life.

Birthday Sex

Als ich 15 geworden bin, lebten wir in Berlin. An meinem Geburtstag kam die Telefonrechnung. Sie enthielt 379 Minuten mit einer Sexhotline. Da meine Mutter über mein Hobby Bescheid wusste, hatte sie die deutschen Sexhotlines  gesperrt. Blöd nur, dass ich mich dann gezwungen fühlte, ins Ausland zu telefonieren. Und Telefonsex mit den Frauen von der Insel Tuvalu im Pazifik hat ja auch was. Ratet mal, ob ich eine lustige Geburtstagfeier hatte...?

An meinem 20. Geburtstag wollte ich eine Riesenparty machen. Halb Sofia war eingeladen. Und diese Hälfte von Sofia hat die andere Hälfte eingeladen und so war unser Haus voll. Mein Vater hat sich im ersten Stock zusammen mit unserem Hund eingesperrt. Meine Mutter hieß meine Gäste mit einem netten Lächeln willkommen, welches im Laufe der Zeit immer mehr an Freundlichkeit verlor, hat lustig ausgesehen. Einige von meinen Gästen kochten in der Küche Huhn mit Waschmittel. Andere Witzbolde glaubten, sie seien moderne Künstler und bemalten jede Wand, die gerade vor ihre Augen war. Es war eine bemerkenswerte Feier. Jahre danach begrüßen mich fremde Leute auf den Straßen Sofias.  

An meinem 25. Geburtstag war ich in Wien. Ich weiß nicht, ob ich die Melancholie der westlichen Gesellschaft übernommen hatte oder einfach kein Geld mehr besaß, aber ich wollte dieses Mal nicht feiern. Einige Freunde riefen mich an, um mir zu gratulieren. Nach dem fünften Anruf habe ich mein Handy ausgeschalten. Ich ging raus, um einen Spaziergang zu machen. Es war kalt. Die Frühlingssonne hatte es noch nicht geschafft, den Winter zu vertreiben. Auf der Straße spazierten die Menschen in ihren Wintermänteln entlang. Ich wurde auch schnell ein Teil der grauen Masse. Irgendwann blieb ich stehen und machte mein Handy an. Ich rief den Erstbesten aus meiner Anrufliste an. Es traf meinen Freund Simo. „Ich habe Geburtstag“, sagte ich, „Lass uns ein Bier trinken gehen!“

„Wie alt wirst du denn?“, fragte Simo im Gasthaus. „25“, antwortete ich. „Genug, um dein Leben zu ruinieren“, sagte er. Simo ist ein Pessimist. Einer von diesen Menschen, die niemand gerne auf seiner Geburtstagsfeier hat. „Dieses Jahr 25, nächstes Jahr 55!“, lachte Simo. Wir tranken exakt zwei Bier. Simo hatte Angst, dass wenn es mehr werden würden, er sein Bier selber zahlen müsste.   

Damals schien mir Simos Aussage unpassend, aber langsam fange ich an zu verstehen. Es geht nicht darum, dem Leben mehr Jahre zu geben, sondern den Jahren mehr Leben. Wenn man eine tolle Zeit hat, vergeht sie eben schnell: dieses Jahr sind es 5 Jahre und nächstes schon 55 Jahre biber. Chestit Rojden Den! Happy birthday, biber!

von Todor Ovtcharov