Chance auf Erneuerung

26. August 2014

Es war nur noch eine Frage der Zeit. Michael Spindelegger tritt aus allen Ämtern zurück. Wenn die Regierung diese Legislaturperiode überstehen will, muss die ÖVP sich wandeln und die Chance auf Erneuerung nutzen.

In Zeiten der Wirtschaftsflaute muss ein Finanzminister die Initiative ergreifen und Reformen wagen. Diese Chance hat Michael Spindelegger nicht genutzt. Stattdessen wollte er „den österreichischen Weg komplett nach Berlin ausrichten“, wie er in seiner Rücktrittserklärung mitteilte. Also keine Steuerreform, sondern Sparzwang. Seit Jahren steigt die Arbeitslosigkeit in Österreich. Der Wachstumspfeil will einfach nicht in die Höhe zeigen. Der von Spindelegger hochgehaltene Mittelstand wird mit Rekordabgaben belastet, während die Reichen ihr Vermögen vervielfachen. Wichtige und nötige Reformen, etwa die Steuer-, Heeres- und Bildungsreform hat Spindelegger blockiert. Kein Wunder, dass der Unmut über seine Arbeit innerhalb der Koalition größer wurde. Spindelegger hat sich selbst disqualifiziert.  Sein Rücktritt ist überfällig.

 

Stand schon länger im Kreuzfeuer der Kritik: Ex-Vize Kanzler Michael Spindelegger

Ratlosigkeit

Der Stuhl ist frei für einen Neuanfang. Doch die ÖVP-Funktionäre stehen noch ratloser da als zuvor, obwohl sie seit Monaten am Stuhl des Parteichefs sägten und mit seinem Fall rechneten. Plötzlich weiß niemand, wie es weitergehen soll. Wer soll Spindelegger nachfolgen? Reinhold Mitterlehner? In der Stellungnahme zu Spindeleggers Rücktritt konnte er seine Lustlosigkeit kaum verbergen. Andrä Rupprechter? Überrascht zwar mit frischen Ideen aber ist noch zu unbekannt für den Chefposten. Vielleicht Sebastian Kurz? Vor dem Parteivorsitz sollte man ihn vorerst bewahren. Schließlich gilt dieser Stuhl als Schleudersitz.

Die Volkspartei sollte die Chance einer Erneuerung wahrnehmen, indem sie eine Frau an die Spitze setzt, wie es die deutsche CDU vor 14 Jahren mit Angela Merkel getan hat. Damit würde sie nicht nur Moderner werden, sondern auch ein Signal auf eine bitter nötige Reformfreudigkeit setzen.

 

Ein neues Konzept muss her

Vorgezogene Neuwahlen wird es jedoch keine geben. Die ÖVP wird das nicht riskieren, weil sie in den Umfragen auf Platz 3 ziemlich schlecht liegt. Selbst die Grünen sind dabei sie zu überholen. Außerdem müssten sie wahrscheinlich den Regierungsposten an die FPÖ übergeben, mit der die SPÖ eine Zusammenarbeit kategorisch ausschließt.

Wenn diese Koalition in den nächsten 4 Jahren weiterhin bestehen will, muss sie den großen Wurf wagen. Im Idealfall legt der neue Finanzminister/die neue Finanzministerin ein neues Steuerkonzept vor. Der Mittelstand wird entlastet, die Oberschicht stärker zur Kasse gebeten.  Zudem muss die ÖVP ihr Image als „Bremser“ los werden, indem Sie ihre starre Haltung in der Bildungs- und Verteidigungspolitik aufgibt. Ansonsten hat die Koalition keine Zukunft mehr und wird nach den nächsten Wahlen gar nicht mehr zustande kommen.

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