Ghida Fakhry - " Wir sind alle Migranten"

27. Februar 2013

 

biber: Sie wurden im Libanon geboren, sind in der Schweiz zur Schule gegangen, haben in den USA gelebt und arbeiten jetzt in Doha. Wo sind Sie zu Hause, wo sind Ihre Wurzeln?
Fakhry: Wenn man so viel herum reist, wird die Idee vom „Zuhause“ etwas Abstraktes und Relatives.Du bist überall zu Hause und überall fremd. Das hat natürlich Auswirkungen auf die eigenen Wurzeln. Aber da gibt es noch den Baumstamm, die Äste und
die Blätter. Und diese formen wir selbst auf unserem Weg durchs Leben. Mein Zuhause ist, wo meine Tochter und mein Mann sind.

Das “5. Global Forum” der UNAOC in Wien behandelt den Dialog zwischen den Kulturen. Viele bedeutende Staatsmänner werden über ihre Bemühungen um Dialog und Frieden referieren. Können solche Konferenzen überhaupt etwas bewirken?
Ich bin seit dem ersten Forum vor fünf Jahren in Madrid dabei. Solche Treffen sich wichtig, auch wenn ihr Erfolg überschaubar ist. Ich habe das Gefühl, dass sich in diesem Forum Menschen treffen, die ohnehin übereinstimmen, während der wachsende Extremismus zur weltweiten Gefahr wird. Auch hier, im Herzen Europas, wo Neo-Nazi-Gruppen aktiv werden.
 

Welche Rolle spielen Medien in einem solchen „Dialog der Kulturen“?
Das ist eine schwierige Frage. Medien können sowohl bestehende Spannungen abschwächen, als auch zusätzlichen Zündstoff liefern.
 

Wie unterscheiden sich arabische von westlichen Medien?

Zunächst durch die Sprache. Aber es gibt nicht „die westlichen“ und „die arabischen“ Medien. In den letzten Jahren explodiert der Medienmarkt im arabischen Raum. Er ist vielfältiger als noch vor 15 Jahren. Und natürlich gibt es da eine sehr potente Medienkraft, die weder arabisch, noch westlich ist: das Internet.


Auf der Konferenz wird ebenfalls über Medien- und Pressefreiheit diskutiert. Wurde Ihnen als Journalistin jemals verboten, eine bestimmte Frage zu stellen?
Nein, niemals. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, meine Fragen weder meinem Herausgeber, noch dem Interviewten zu zeigen. Das hat mir schon Schwierigkeiten eingebracht, aber das ist eben Teil des Jobs. Ich habe sogar auf Interviews mit bedeutenden Staatsmännern verzichtet, weil sie meine Fragen vorher sehen wollten.

 

Zur Person:

Ghida Fakhry ist eine libanesische Journalistin und Nachrichtensprecherin beim englischsprachigen Fernsehsender „Al
Jazeera“. Sie hat zahlreiche Staatsoberhäupter aus dem Nahen Osten wie den verstorbenen lybischen Diktator
Muammar Gaddafi, den afghanischen Präsidenten Hamid Karzai und Israels Staatschef Shimon Peres interviewt. Am 27. und 28.
Februar hat sie die Eröffnung des 5. „United Nations Alliance of Civilizations“ Global Forum in Wien moderiert.

 

Von Simon Kravagna und Marina Delcheva

 

Foto:

Ghida Kakhry

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