Vorgestern habe ich mir mit meinem „Mann“ (wir sind zwar nicht verheiratet, aber nachdem wir ein Kind mit einander haben, erlaube ich es mir ihn als MEINEN MANN zu bezeichnen) „Romance X“ von Cathrine Breillat angeschaut. Ziemlich anspruchsvoll, „feministisch“, philosophisch, teils langatmig…eigentlich nix für einen Mann. Aber nachdem ich ihm eröffnet habe, dass der Film vor semipornografischen Nachaufnahmen von Schwänzen und Muschis nur so strotzt und Rocco Siffredi mitspielt, war er sofort dabei. Inkl. Popcorn! Hier muss ich anmerken, dass ich mir solche Filme eigentlich nur alleine anschaue und aus philosophisch-wissenschaftlicher Perspektive (manchmal dient dies allerdings auch als Alibi). ….

Ich  verfolge den Film gebannt und versuche in die expliziten Fick-Szenen einen emanzipatorischen Charakter hineinzuinterpretieren und was sagt Mann bei der Nahaufnahme einer behaarten Muschi ?:„ Rasier dich!“AAARRRRRRGGHHHHHHHH !!!Die Emanze in mir ist aus dem Tiefschlaf erwacht! Da war Sex and the city-schauen schon weniger von Hass gezeichnet. Krieg! Ich bombardiere ihn also mit Fragen wie „Warum soll denn Frau  keinen Busch  unten haben?“ „ Warum gefällt dir - der Hustler-Generation - sowas nicht?“ „  Aha, also der Mann darf schon Haare haben und Frau nicht?“ usw. jetzt lass ich mir auch nen Afro wachsen. Aus Trotz und Rebellion.Hah…jetzt hab ichs ihm gegeben.

Unser Streit (!!) hat mich ordentlich zum Nachdenken über Intimfrisur-, behaarung usw. angeregt. Je mehr ich darüber nachdenke, desto melancholischer werde ich.

Ich selber hab schon alle möglichen Frisuren „unten“  gehabt - auch mittels Waxing-AUA!!! Mit 15 hab ich den Rasierer im Club der genialsten Innovationen seit dem Rad willkommen geheißen! Täglich(!) hab ich mich in der Königsdisziplin „Rasieren ohne das Pickel und Rasurbrand entstehen“ geübt und bin wirklich ein Profi! Ja, ich könnte mir vorstellen auf der Volkshochschule einen Abendkurs für Schmerz- und Pickelfreie Intimrasur zu halten! So gut bin ich!  Ein Hundertwasser der Intimfrisurgestaltung! Mein Ziel war es allerdings nie, dass es IHM gefällt. Zumindest wollte ich mir das nicht eingestehen, denn meine Muschi gehört MIR MIR MIR und wie ich die „Gartengestaltung“ betreibe, ist allein MEINE MEINE MEINE Sache! Schließlich vertrete ich die Einstellung, dass Sex zwischen zwei Menschen gleichzeitig mit sich selber stattfindet (kompliziert, ich weiß) …Besser gesagt: Ich muss mich selber ficken wollen, will ich mit wem anderen ficken.

So, und nun bin ich dabei mein Lebensphilosophie in Frage zu stellen, denn ich werde das Gefühl nicht los, dass ich unbewusst Opfer einer Modeströmung geworden bin welche ein Auslöschen des „Natürlichen“ zum Ziel hat! Männer als auch Frauen werden immer androgyneràEndstufe: Cyborg. Sogar unsere Genitalien stehen unter Druck einer gesellschaftlichen Norm gerecht werden zu müssen. Ein Hollywood-Cut ist genauso eine Norm  geworden wie Analverkehr mit 16. Wenn ich mir einen „haarigen“ Porno anschauen will, muss ich mich erst mal in der Rubrik „Fetisch“ durchklicken, wo ich dann einen Zeitsprung in die 70er mache. Bedenklich….denn ich habe eine Tochter von 2 Jahren….mit welchen sexuellen Normen und Standards wir sie wohl konfrontiert sein? Ist mein Kulturpessimismus überhaupt angebracht?

Anyway…ich habe mir Gedenken darüber gemacht, lasse euch zu Wort kommen und höre damit auf bevor ich noch gänzlich den Spaß am Sex und meiner Intimhygiene verliere bzw. den Sex irgendwann als einen emanzipatorischen Kriegszug gegen die heutige Gesellschaft sehe.  ;)