Warum glauben manche Menschen, dass sie es notwendig hätten sich irgendwie anders darzustellen als sie sind? Woran liegt das? Vielleicht Minderwertigkeitskomplexe? Ja, das wäre eventuell eine plausible Erklärung für dieses menschliche Phänomen.

„Erinnerst du dich noch an den Typen, von dem ich dir letzte Woche erzählt hab?“ Die Frage erreichte mich per Mail, gesendet von J. Klar doch, ich erinnerte mich sehr gut. J. war nämlich total aus dem Häuschen als sie mir von ihm berichtete und das will was heißen! Denn, über sie sollte man folgendes wissen, dass sie eine äußerst intelligente, attraktive zudem auch beruflich erfolgreiche junge Frau ist, die mit beiden Beinen fest am Boden steht. Stil und Etikette, sind ihre Erkennungszeichen, ganz zu schweigen von ihrem Geschmack, den sie hat und der auch niemals zu übersehen ist. Man könnte sich momentan ein Bild einer spießig angehauchten Perfektionistin, ausmalen, aber das wäre wirklich, sehr weit hergeholt.

Zu den Stärken dieser besonderen Dame zählen, Offenheit, Aufrichtigkeit und Respekt gegenüber Andern. Welche obendrauf mit einer Dosis Gutmütigkeit versehen sind. Alles in allem, eine edle Wundertüte, mit extra Überraschungspotential. Gar nicht schlecht, oder? Nichtsdestotrotz, wurden ihr genau diese, zum Verhängnis.

Laut ihrer Beschreibung, handelte es sich bei dem besagten Kerl, um einen sympathisch zuvorkommenden, charmanten und wenn die Rede von J. ist, dann auch mit Sicherheit um einen sehr ansehnlichen, Migranten der 3. Generation. Er muss schon ein Charmeur der Extraklasse gewesen sein, wenn es ihm geglückt war, die sonst, nicht so leicht zu beeindruckende J. buchstäblich von den Socken zu hauen, denn exakt das hat er getan.

Als wir Letzte Woche telefonierten, klag sie überglücklich, sie fühlte sich gut, wohl in ihrer Haut, war motiviert und des Lebens erfreut. Allem Anschein nach, hatte sie endlich das gefunden, wonach wir doch irgendwie alle suchen. Euphorisch und moralisch verpflichtet wie sie ist, schickte sie kurzerhand ihren SMS-Lover/Gut-Unterhalten-Freund in die Wüste, um mit reiner Weste das neue Glück am Schopf packen zu können.

Ihre Glücksphase, in der sie mit Aufmerksamkeit, Komplimenten und Zärtlichkeit überhäuft wurde, war leider nicht von langer Dauer, wie man erkennen kann, wenn man auf die Zeitspanne acht gibt, die bisher erwähnt wurde. Seine Maske fiel einige Tage, vielleicht zwei Wochen später.

Wer war er also wirklich? Ein Lügner, ein Betrüger, ein Egoschwein welches eigentlich nicht der Rede wert sein sollte. Er hatte eine Beziehung, nicht weniger und nicht mehr als drei Jahre lang, in der er sich aber (wie hätte es auch anders sein sollen?!), nicht mehr so gut fühlte und deswegen auch schon mit dem Gedanken spielte sich zu trennen. „Er sagte mir, nach all dem, dass er trotzdem noch mit mir „befreundet“ sein möchte und ich mag ihn… Was soll ich bloß tun?“

Die Enttäuschung und Verzweiflung in ihren Zeilen, war nicht zu übersehen. „Warum hat er nicht von Anfang an, reinen Wein eingeschenkt? Wer weiß, vielleicht hätten wir uns auf einer anderen Ebene einander nähern können und dann wäre all das nicht passiert, nicht so jedenfalls…?!“ Tja, warum hat er das nicht gemacht???

Ich riet ihr, sich schleunigst aus dieser Affäre zu ziehen, was sie schlussendlich gemacht hat, weiß ich noch nicht. Ich werde es bestimmt erfahren, aber was hättet ihr getan? Und überhaupt was hält ihr davon, etwas vorzuspielen. Auch wenn’s nur für so lange ist, bis ihr euer gewünschtes Ziel erreicht? Und euch vornehmt, dann ehrlich zu sein? Oder wie in dem Fall, dann einfach seelenruhig und guter Dinge zu eröffnen, was wirklich Sache ist? Wäre Ehrlichkeit vom Start her nicht angebracht gewesen? Immerhin handelte es sich hier genau, um ein gefährliches Spiel, bei dem es sogar drei Verlierer geben könnte.

Jetzt nicht nur auf dieses Paar bezogen, was haltet ihr von Schauspielern? Ist es gut sich hinter Masken zu verstecken, nicht preiszugeben wer man wirklich ist? Und wenn ja, warum? Was wäre schlimm daran wenn die Welt euch kennen würde? Oder sagt ihr eben doch, "runter mit den Masken!" Frei nach dem Motto „I am what I am!" ???