Schön für eine Schwarze

04. September 2014

Was als Kompliment gemeint ist, kommt bei diesen Frauen alles andere als gut an. Denn der Spruch "hübsch für eine Schwarze" will keine hören. biber-Redakteurin Marie-Noel Ntwa bittet fünf Frauen zum Gespräch über ihre Erfahrungen damit.

Marie-Noel Ntwa, Valentina Milovanovic (Fotos) und Nancy Ks (Make up)

 

"Du bist hübsch für ein schwarzes Mädchen." Diesen Spruch hat die Medizin-Studentin Anesu schon mindestens drei Mal gehört. Die 20-Jährige hat solche Anmachen satt. „Einmal meinte ein Typ in einem Club zu mir, ich sei echt schön... für eine schwarze Frau“, erzählt sie genervt. „Die meisten sehen von hinten hübsch und kurvig aus, aber wenn sie sich umdrehen haben sie so ein Butter-Gesicht. Die Gesichtszüge sind so unscharf und schmutzig“, hat ihr Verehrer hinzugefügt. Anesu war damals so schockiert, dass sie einfach wegging und den Mann auf der Tanzfläche stehen ließ.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die schönste Schirchste

Die Problematik liegt nicht nur in der Taktlosigkeit der Männer, auch Hollywood trägt zu der Situation bei. Denn es gibt gewisse Schönheitsideale, die eine subtile Botschaft vermitteln: Je heller, desto besser! Durch die Medien sind hübsche schwarze Frauen solche, die aussehen wie Hally Berry, Beyonce und Ciara. Aber was soll das überhaupt heißen: „Schön für eine Schwarze“? Dass schwarze Frauen unter allen Frauen nie besonders hübsch sein können oder dass hübsch eine Abstufung ist? Dass schwarze Frauen generell nie attraktiv sein können? „Du bist quasi die schönste Schirchste,“ bringt es Anesu auf den Punkt. „Die schwarze Schönheit wird nicht als Ideal, sondern als Nebensache der Natur angesehen.“ Anesu ist nicht die einzige Schwarze, die mit solchen erniedrigenden und rassistischen Sprüchen klar kommen muss.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Helle Haut ohne Kartoffelnase

Die 19-jährige Cat kennt diese „Komplimente“ nur zu gut. Auch sie beginnt ihre Erzählung mit einem Abend im Club. „Nach einiger Zeit habe ich bemerkt, dass vor allem die Jungs dort anfingen mich anzustarren“, so die Künstlerin. Einer kam zu ihr und sagte: „Normalerweise sind schwarze Frauen so dunkel, aber du bist voll hell und hast auch keine typische Kartoffelnase!“ Was als Anmache gemeint war, kam bei Cat armselig an. Und das sagte sie ihm auch. Auch in der Social Media Welt bleiben schwarzen Frauen solche Aussagen nicht erspart. Diese Erfahrung hat HAK-Schülerin und Model Winnie gemacht. Weil ihr Instagram-Profil öffentlich ist, können ganz verschiedene Leute ihre Fotos sehen. Einmal  hat ein Junge eines ihrer Fotos mit folgenden Worten kommentiert: „Hey! Du bist eigentlich ziemlich hübsch für eine Schwarze.“ Winnie war schockiert. Er fügte noch hinzu:  „Sorry, ich wollte nicht rassistisch klingen.“ Den Typ hat Winnie dann blockiert, disktieren lohne sich nicht, meinte sie.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Nicht so schlimm!“

Was für die einen Rassismus ist, empfinden andere als halb so schlimm. So ist die 19-Jährige Schülerin Edith der Meinung, dass die weiße Hautfarbe für die Leute einfach ungewöhnlich sei. Dunkelhäutige Menschen seien deswegen „etwas Exotisches“. Man entspreche als Schwarze in Europa einfach nicht der Norm. Auch Olivia, eine 18-jährige Studentin, versucht das Verhalten der Sprücheklopfer zu rechtfertigen: „Wahrscheinlich haben sie einer schwarzen Person nie ein Kompliment gemacht und wissen nicht, wie sie es am besten formulieren können.“

Obwohl auch Olivia mit unpassenden Sprüchen zu kämpfen hat. Bei einer U-Bahn Station riefen zwei Typen ihrer Schwester und ihr zu, dass sie ziemlich hübsch seien, dafür, dass sie ihm Solarium eingeschlafen sind. „Wir haben gelacht und sind weitergegangen. Was sollten wir darauf antworten?“, meint die Studentin. „Die Amache ist viel zu dumm, also ist es am besten, wenn man sie ignoriert“. Oft sind die Frauen zu sprachlos, als dass sie eine schlagfertige Antwort parat hätten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bloss nicht auffallen

Aber nicht nur das gekonnte Ignorieren solcher Beleidigungen gehört zum Alltag schwarzer Frauen. „Als Schwarze versucht man sich anzupassen, um nicht negativ aufzufallen“, bedauert Edith. Es fängt mit den Haaren an, man verlängert oder glättet sie mit chemischen Produkten. Man schminkt sich, oder benützt Cremes, die die Haut aufhellen. Medien und besonders Modemagazine unterstützen das. Sie ergänzt: „Aber da wir uns von Kind an mit solchen Mitteln beschäftigen, vergessen wir schwarzen Menschen, wie wir eigentlich aussehen.“ Olivia stimmt ihr zu. „Es ist doch so: Wir werden als Schwarze im 21. Jahrhundert immer noch nicht richtig akzeptiert,“ stellt sie klar. „Dafür sind wir wahrscheinlich noch nicht hübsch genug.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

biber-Redakteurin Marie- Noel Ntwa führt auch den Blog NonosRoom auf dem sie das Motto „All Black Everything“ verfolgt und über Lifestyle und Musik schreibt.

 

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