Vom Gastarbeiter zum Migranten
Ja! Lässt einen schon grübeln. Eigentlich waren diese „Gast“arbeiter nur als Gäste vorgesehen. Irgendwann, so definiert man einen Gastarbeiter, wird er wieder das Land verlassen, in seine Heimat zurückkehren, mit etwas Geld in der Tasche und dem Ausland den Rücken kehren. Kein Wunder also, dass sich die Soziologen unklar waren, wie sie nun diese Menschen nennen sollten, die geblieben sind. Arbeitsmigrant? Migrant? Zuwanderer? Neue wurden ja, nach Ende der Gastarbeiterwelle auch nicht durch Arbeitsagenturen angeworben und zu Tausenden ins Land gebracht. Wenn welche kamen, dann durch Verwandte, Bekannte, aber mit dem Vorhaben wahrscheinlich im reichen Westen ein neues Leben anfangen zu können, oder auch nicht. Wer weiß?
50er Jahre: Die Zeiten waren schwer. Um Arbeit im eigenen Land zu finden, musste man fast durch das halbe Land reisen, ohne eigenes Auto, eventuell durch Fahrgemeinschaften, und wenn es nicht zu weit war, dann eben 20 km zu Fuß. Da kam dieser Aufruf gerade Recht, dass Deutschland um Arbeiter aus Ex-Yu anwirbt. Klar! Welche Wahl hatte er, mit 9 Kindern+Ehefrau. Die Sprache kannte er nicht, Deutschland kannte er nicht, aber egal. Wie auch die anderen aus seinem Dorf, wird auch er irgendwie zurecht kommen.
In Deutschland warteten unzählige Arbeitsplätze, alle schon wie auf Bestellung auf ihre angeworbenen Arbeiter wartend. Die Busse kamen an, brachten die Arbeiter zuerst zu ihren „Gastarbeiter“-Unterkünften. Ein Zimmer mit einem Gitterbett und einem Metallschrank ausgestattet. Die Einweiser waren wie Touristguides, die den Neulingen zeigen sollten, wo sie einkaufen können, wie man etwas fragt, wobei Ratschläge erteilt wurden sich die wichtigen Sätze aufzuschreiben. Wiederholen werde man es nicht!
Mein Opa war ein richtiger Gastarbeiter. Er hatte nicht vor zu bleiben. Natürlich nicht! Zuhause warteten seine 9 Kinder auf ihn, aber auch auf sein schwerverdientes Geld. Irgendwie war aber die Aussicht auf die Existenzsicherung in der Heimat nicht so überwältigend, dass sich diese Gastarbeiter-Zeit 20 Jahre lang hinzog. Lange Zeit, aber dennoch keine Migration, sondern Aufenthalt auf Zeit, solange sie ihn brauchten, und er ihr Geld.
Der Krieg vorbei, aber die westliche Sicherheit, die man seit fast 2 Jahrzehnten genießt, will einen irgendwie nicht kalt lassen. Irgendwie sind uns hier auch Wurzeln gewachsen, die uns an das Land binden. Vor allem wir Kinder, und noch mehr die Kindeskinder werden österreichische Wurzeln haben, die endgültig das Gastarbeiter-Dasein unserer Eltern und Großeltern beenden, weil unsere alten Gastarbeiter wegen uns geblieben sind und zu Migranten wurden.
Aber etwas schaffen sie sich dennoch. „Die Gastarbeitervillen“…für die Pension eventuell, falls, (aber nicht sicher) sie dann zurückkehren. Aber das ist eine andere Geschichte!
Kommentare
meine großeltern erzählen
meine großeltern erzählen mir auch ähnliche geschichten, von 20 km fussmarsch oder 100 mit der pferdekutsche...
der plan war exakt ein jahr in österreich zu arbeiten um soviel geld zu verdienen, wieviel damals notwendig war, um sich ein haus zu bauen. meine großeltern lebten zu der zeit in einem winzigen lehm-häuschen mit sämtlichen verwandten zusammen.
Als sie mit dem zug am wiener westbahnhof ankamen, erzählten sie, dass man sich um die neuen arbetskräfte förmlich riss. also wurden beide an den ärmel geackt, geradewegs in eine fabrik gebracht.
aus einem jahr wurden zwei, aus zwei vier und mit einem schlag waren es plötzlich derißig. ich bin also gastarbeitermigrantin der dritten generation? nein ich bleibe hier, nicht einmal meine eltern haben vor zurückzukehren. es ist jetzt nämlich so, dass wir "gastarbeiter" wie man uns selbst in der heimat gerne provokant und herablassend betitelt, uns in eine andere richtung entwickelt haben als die "einheimischen".
meine mentalität ist nicht eins zu eins die selbe, ich habe andere vorstellungen und lebe in einem anderen stil.
wenn ich nicht dazu gezwungen wäre, würde ich nicht nach serbien ziehen wollen. ich glaube nicht, dass ich mich, so als austro-serbin, dort wohlfühlen würde.
ich fahre auch von zeit zu zeit nach serbien und fühle mich mit dem land verbnden. es ist auch schön dort, für die paar tage die ich dort verweile, meine familie sehen, freunde treffen und richtige "cevape" essen... trotz allem, wenn ich nach wien zurück fahre, komme ich nach hause.
da kann ich nur eins sagen:
da kann ich nur eins sagen: DER PLAN GING VOLL DANEBEN! :)
vom gastarbeiter zum Österreicher
Es heißt, man sei so stark, wie das schwächste Glied in einer Kette. Ja, und hier sind wir.
>Wir
Wir sind Spielball der politik. Aber das spiegelt sich in Wirtschaft u Leben der Menschen zurück.. Bald kommt es zurück, wie ein Frisbee das man geworfen hat, zurück schnellt und einen am Kopf trifft..
Nur, wenn man zusammenhält, ist man stark und bringt etwas weiter - Teamwork.
Integration kann nicht funktionieren, wenn man die Menschen, die seit Jahren eh schon hier leben, hier geboren sind etc , immer wieder daran erinnert, dass sie 'Gastarbeiter', 'Migranten' oder bestenfalls 'Neubürger' sind.
Dann fühlt man sich automatisch fremd und distanziert sich zu den 'echten' Österreichern.
Ich bin Österreicherin, (mit Migrationshintergrund) aber warum fragt man mich in meiner Heimat ständig nach meiner Herkunft?
es ist bestimmt nicht neugier..
2 heimatländer
was du sagst, vesna, kann ich nachvollziehen.
bei mir schauts halt etwas anders aus, weil ich unten so einige jahre gelebt hab.hab noch die zeit im kopf, wo ich zur volksschule ging, auf bäumen geklettert bin.hab noch das gefühl im kopf, wie es ist als kind durch heimische gräser zu laufen.und heute noch, wenn ich diese grenze nach bosnien überschreite, überkommt mich dieses heimische gefühl, wo ich das gefühl hab, andere luft zu schnuppern.das erste was ich bei meiner ankunft mache: ich lass die koffer stehen,zieh meine schuhe aus und setze mich in den garten, wo ich erstmal fassen muss, dass ich angekommen bin.wien ist weit weg, und der wunsch kommt auf alles hinter sich zu lassen und zurück zu kommen.die realität holt dann einen ein, wenn man den garten verlässt, in die stadt geht und merkt, wie verschieden man vergleichbar mit den leuten ist.
paar tage vergehen, leute kommen unangemeldet ins haus und ich merke, wie spießig ich geworden bin.dass mich der besuch stört, wenn man es nicht vorher ausgemacht hat,so wie man es in österreich macht.
wien ist erst neuland für mich.ich kann es nicht als meine heimat sehen.wahrscheinlich, weil ich erst vor paar jahren ganz alleine hergekommmen bin und mich wie ein schiff ohne hafen in dieser stadt gefühlt hab.meine familie war in kärnten.wenn ich in den zug nach villach stieg fühlte ich wieder dieses heimweh, wie ich es auch nach bosnien hab.
villach ist meine 2.heimat.ich kenne die straßen, hab erinnerungen an die jugend, schulzeit. und wahrscheinlich schaffen mir meine erinnerungen die vorstellung von heimat. wien wird es vielleicht irgendwann sein.aber solang ich sehnsucht nach anderen orten hab, wird das wahrscheinlich nicht so bald eintreffen.
gerade hast du mir bilder
gerade hast du mir bilder gemalt...
bis zu meinen 5 lebensjahr, habe ich auch "unten" gelebt, an bäume klettern, barfuß durch wiesen und felder laufen, kann ich mich auch noch erinnern.
bilder malen
ja ja, das kenn ich auch von deinen blogs. fasst, dass ich die stimmen aus den eingefügten dialogen hör. *liebschau*