Wie riechen Moslems?

14. März 2012

Als Moslem in Wien hat man es wirklich nicht einfach, jetzt schnüffeln mir in der U-Bahn sogar Jungchristen nach und selbst die Erzdiözese will mich bekehren.

 

Müde torkle ich in der U-Bahn hin und her, fremde Rücken,  schmutzige Hände, triste Gesichter überall. Ich suche nach einer Möglichkeit mich festzuhalten, vergeblich.  Ich remple die junge Frau hinter mir an. „Tschuldigung“, murmle ich und dreh mich wieder um.  Zwei Sekunden später stupst sie mich an.  

 

„Kennst du Jesus?“, fragt sie mich. Ob ich..? Was redet die da?!  „Ja“, antworte ich verunsichert. „Aber du bist keine Christin“, sagt sie.  „Nein, warum?“ Ich denke mir: verdammt, woher weiß sie, dass ich Moslem bin? „Man sieht, spürt und riecht so etwas“,  antwortet sie. Noch immer hat sie dieses seltsame Lächeln im Gesicht. „Ich möchte dich gerne zu einem Treffen einladen, damit du ihn, Jesus, kennenlernst. Jesus will auch für dich nur das Beste“,  versichert sie mir, bevor die Leute uns auseinanderreißen und ich am Karlsplatz alleine dastehe. Keine Spur mehr von der himmlischen Gesandten.  Was zum Teufel war das? Verwirrt eile ich zur Uni.

 

Bekehrung II

 

Konzentrieren kann ich mich aber überhaupt nicht. Ich krieg diese seltsame Begegnung einfach nicht aus dem Kopf. Wer ist diese Frau, warum macht sie das?  Ich beginne zu recherchieren. Eigentlich müsste die Kirche wissen, welche Jünger sogar in den Öffis für Jesus werben.  Ich rufe bei der Erzdiözese an und erhoffe mir einen Hinweis - bekommen tu ich weit mehr.  Der überfreundliche Pressesprecher kann mir zwar nicht sagen, welchem Verein die junge Frau angehört.  Aber er ist richtig imponiert, wie sich die Frau aus der U-Bahn fürs Christentum engagiert hat.  Ich erzähle ihm, wie sie sogar erkannt hat, dass ich keine Christin bin.  Er antwortet  schockiert: „Was, Sie sind also nicht getauft?“  Der gute Mann nimmt sich sofort meiner Seele an und zählt mir in einem  15-minütigen Telefonat alle Anlaufstellen für junge Katholiken auf. Die Messezeiten und Feierlichkeiten legt er mir besonders ans Herz: „Da ist immer sehr viel los für junge Menschen wie Sie.“ Ich bedanke mich und lege auf.  

Noch verwirrter rufe ich meine Tante an. Sie ist besorgt und rät mir, schnell die Schahada, das muslimische Glaubensbekenntnis, zu sprechen - nur für alle Fälle.

 

Was für ein Tag! Gleich zwei Bekehrungsversuche hintereinander. Bitte, liebe selig lächelnde Jungchristen,  wenn ihr mir morgen wieder begegnet, riecht einfach weg!

Kommentare

 

vllt. hat sie Jesus Quintana aus The Big Lebowski?

remember: "You don't fuck with the Jesus" :D

 

aber seriously, wtf? Man kann moslems am Geruch erkennen? what kind of racist bullshit is that!

 

Ich glaube, Riechen ist in diesem Kontext mit Fühlen zu assoziieren.

 

ich schätze auch, dass sie einfach gedacht hast, dass du keine "gläubige" christin bist, also sehr wohl christin sein könntest, aber halt keine gläubige...ich hatte letztens vor der hauptuni auch eine witzige begegnung. ein junger typ mit verklärten, nachdenklichen blick hat mir eine bibelkarte in die hand gedrückt und mich gefragt, ob ich nicht mal zu einer bibelrunde kommen mag - von der optik her, hat er für "ottonormalösterreicher" wie ein araber ausgesehen :)

 

mich haben sie an den Augen erkannt. Die Frau die mich ansprach hat beinhart gemeint du bist keine Christin und auch keine Österreicherin das seh ich an deinen Augen. Die könnten ein bisschen zu viel Weihrauch abgekriegt haben :)

 

sie hat aber gerochen, dass du keine christin bist und nicht dass du eine muslimin bist oder?

sonst schließe ich mich amar an.

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