"Hast du nix Besseres zu tun Onur"

22. September 2016

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Onur Kas
Foto: Marko Mestrovic

Seit Wochen machen rücksichtslose Fahrer die Wohngegend unsicher, in der ich lebe. Jetzt möchte ich was dagegen unternehmen. Dafür bekomme ich Unterstützung, aber auch Gespött. Letzterer macht mich nachdenklich, weil er auch von Freunden kommt.

Ich habe mir fest vorgenommen, gegen rücksichtslose Raser in unserer Wohngegend etwas zu unternehmen. Ich habe an der Tunerszene nichts auszusetzen, wenn sie ihrem Hobby nachgeht, ohne andere Menschen zu gefährden. Sehr wohl habe ich was gegen Fahrer getunter Vehikel, die das Wohl und sogar das Leben von Passanten gefährden. Leider habe ich zum Teil von einigen Freunden und Freundinnen Gespött deswegen bekommen. So meint eine Freundin, ob ich denn ein 85-jähriger deutscher Rentner sei, der gerade nichts Besseres zu tun habe, oder ich mich noch in den 20ern befinde. Die Empfehlung: Ich sollte ein wenig chillen.

Das heißt, dass wenn ich noch in den 20ern bin, sollen mir Missstände gleichgültig sein oder wie? Für so eine Schlussfolgerung habe ich nur Kopfschütteln übrig.

In der Tat: Im Moment habe ich nichts Besseres zu tun, weil ich gerade ein paar freie Tage von der Arbeit habe. Deswegen suche ich mir eine Beschäftigung, mit der ich was bewegen kann. Das mache ich gerne und es bringt mir Erfüllung. So schaut es aus.

Wenn man mir empfiehlt, dass ich mich nicht so sehr aufregen sollte wegen Leuten, die ihren vermeintlichen Spaß haben möchten, dann lege ich einigen meiner Kolleginnen und Kollegen nahe, sich ebenfalls zu entspannen, wenn es um Kopftücher, gendergerechte Sprech- und Schreibweise sowie um Flüchtlinge geht.

 


Es kann doch nicht sein, dass es als spießig gelten soll, weil ich bemüht bin, auf Missstände aufmerksam zu machen. Gerade weil so vielen Menschen so viele Missstände gleichgültig sind, weil niemand für etwas verantwortlich sein will, laufen die Menschen in Scharen zu Rattenfängern in Form von rechtspopulistischen Parteien. Da braucht ihr in diesem Fall nicht darüber jammern, warum Strache, Petry und Co. so erfolgreich sind.

Mein Traumberuf ist der eines Journalisten. Ich möchte als Journalist Schieflagen in der Gesellschaft anprangern, eine Lösung vorschlagen und etwas bewegen. Das könnte ich aber nicht, wenn ich darüber schreibe, welche Film-Fehler in Harry Potter vorkommen, warum Bosnierinnen so hübsch sind oder welcher Wiener Bezirk der coolste ist.

Empfehlt doch mal den Menschen, sich zu entspannen, die durch verrückte Raser Angehörige verloren haben. Das passiert viel zu oft in diesem Lande und ich bin gewillt, dem einen Riegel vorzuschieben.

Jetzt ist hier jemand, der was gegen rücksichtslose Fahrer unternehmen möchte und Eigeninitiative ergreift und dafür habt ihr nur Spott übrig oder wie? Bitte, was ist das für eine absurde Einstellung? Gleichzeitig regt ihr euch darüber auf, wenn nix voran geht. Wenn es spießig und deutscher Rentnerlike sein soll, dass ich was unternehme, dann bin ich gerne ein deutscher Rentner.

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