Warum ich mich als Clean Girl dreckig fühlen würde

Vor exakt einer Woche lieferte der Postbote ein großes Paket vor unsere Haustür. Darin: ein Dyson „Airwrap“. Der Trendföhn, der vor allem durch die schwedische Influencerin Matilda Djerf bekannt wurde, zaubert einem mit heißer Luft verschiedene Hairstyles. Für das gute Stück hat meine Schwester rund 550€ bezahlt, was mir persönlich viel zu teuer wäre. Trotzdem muss ich zugeben, dass ihre Haare jetzt immer Instagram-reif aussehen. Wo liegt also das Problem?

Nun, lasst mich erklären. In den letzten Monaten ist der Hashtag #cleangirl zig Mal auf TikTok aufgerufen worden. Clean Girl ist ein so genanntes „Aesthetic“ und beschreibt einen Trend, der Minimalismus ähnelt – man trägt neutrale Farben, dezentes Make-Up, macht viel Sport und ernährt sich gesund. Klingt eigentlich super, oder? Aber man muss bedenken, dass ein paar Monate zuvor „Fairy-Grunge“, alternative Kleidung in verschiedenen Grüntönen, der letzte Schrei war. Und letzten Sommer war das „Coconut Girl“, welches Hibiskus-Print und Glitzer-Tattoos liebt, voll im Trend.

Mode-Trends sind nichts Neues und existieren schon seit dem 14. Jahrhundert. Was sich jedoch mit Social Media, besonders TikTok und „Fast Fashion“ drastisch geändert hat, ist die Dauer eines Trends. Früher gab jährlich vier oder gar nur zwei Kollektionen, heute dauert es oft nur wenige Tage, bis ein Kleidungsstück von der Skizze an der Stange hängt.

Doch nicht nur das ist problematisch. Neben Kleidung werden mittlerweile auch unsere Körper wie Trends behandelt. Vor knapp 7 Jahren wollte jede ein mega-dünnes Tumblr-Girl sein, das Brandy-Melville (eine durch ihre kontroverse „One-Size“-Geschäftspolitik bekannte Modekette) trug und Lichterketten in die Kamera hielt. Momentan sind BBLs – Brazilian Butt-Lifts - der Weg, um den perfekten Körper zu erlangen. Dass BBLs die gefährlichste aller Schönheits-OPs sind, wird gerne ausgelassen.

Viele Menschen, größtenteils Frauen, versuchen diesem Schönheitswahn mit „body positivity“ entgegenzuwirken, nach dem Motto „Jeder Körper ist schön und jeder sollte sich selbst lieben“. Dann werden aber Dinge wie „Es ist ok, Hip Dips (Vertiefung zwischen Hüftknochen und Oberschenkel) zu haben“ oder „Deine Dehnungsstreifen sind Tiger-Streifen!“ gesagt. Sowas hören aber nie Männer. Diese „empowernden“ Aussagen sind oft das, was Frauen überhaupt erst unsicher machen, weil man davor noch nie etwas von „Hip Dips“ gehört hat und nicht wusste, dass sie „schlecht“ sind. Deshalb bin ich der Meinung, dass auch „body positivity“ nicht die richtige Einstellung ist.

Ich finde, dass es an der Zeit ist, sich zu fragen, wieso Schönheit im Leben einer Frau einen so hohen Stellenwert für sie selbst und andere hat. Wir müssen aufhören, uns dieser absurden Erwartungshaltung zu beugen. Aufhören, unser Geld für unnötige Dinge auszugeben, von denen uns millionen-schwere Unternehmen vorgeben, dass sie „Fehler“ sind. Dann können wir es schaffen, die Regeln neu zu schreiben.

Pia ist 17 Jahre alt und besucht die Ferrarischule in Innsbruck.

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