Auf polnischen Erfolgsspuren

24. Juni 2015

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Polen-Flagge
Igor Zehl / CTK / picturedesk.com

Warum müssen Werbungen in Polen immer die Herkunft eines Produktes unterstreichen? Nach wie vor bevorzugt man Deutsches oder Amerikanisches. Währenddessen ist Polnisches im Westen gar nicht so unbeliebt.

Inglot, ein Kosmetik-Produzent, besitzt lediglich 160 von 450 Geschäften im eigenen Land. Der Rest ist auf 50 Länder, auf sechs Kontinenten verteilt. Die Arbeitsplätze in der Produktion hingegen bleiben zu 95% der kleinen Stadt Przemyśl erhalten. Das ist die Brutstätte der mittlerweile weltbekannten Marke. Hier gaben die ersten Nagellacke dem kommunistischen Alltag Farbe und billige Deos Geruch. Im Laufe der Zeit steigerte sich die Qualität enorm. Exklusive Locations des Unternehmens, wie das Kasino Caesars Palace in Las Vegas oder das Einkaufszentrum Mall of the Emirates in Dubai, bezeugen den Erfolg von Inglot. Die Firma des im Jahre 2012 verstorbenen Chemikers, Wojciech Inglot, ist in Malaysia, Aserbaidschan und Irland Marktführer. Erwähnenswert ist, dass es eine Nagellackserie gibt, die „halal”, also rein ist. Somit erfüllt sie die Voraussetzungen für das islamische Reinigungsritual. Diese Marktlücke ermöglichte es an neue Zielgruppen heranzukommen.

„Cena czyni cuda” (zu dt. „der Preis wirkt Wunder“), kurz CCC, hat in Polen einen Marktanteil von 13% und verkauft dortzulande doppelt so viele Schuhe, wie die deutsche Konkurrenz Deichmann. Von all den 729 CCC-Filialen, befinden sich viele im Ausland, beispielsweise 23 In Österreich 33, in Deutschland. In 40 Ländern kann man den Schuh-Riesen vorfinden. Von 2004 bis Anfang 2015 ist die Aktie des Unternehmens, welches mehrheitlich Dariusz Miłek gehört, um ein 18-Faches wertvoller.

In Wien kann man, zwar nicht an jeder, aber immerhin an zehn Ecken, Brötchen von Trzeźniewski kaufen. Die polnische Herkunft ist schon im Namen ersichtlich. Los ging´s 1902 am Tiefen Graben. Der Krakauer Franciszek Trzeźniewski startete den Verkauf von Brötchen mit zerkleinerten Belägen als Aufstrich. In den zwanziger Jahren gab es kleinere Portionen – ein leistbarer Snack für alle. Dazu konnte man sich „einen zwitschern”. Es gab den sogenannten „Pfiff”, was so viel wie 1/8 Liter Bier bedeutete. Von den insgesamt 22 Sorten, sind 18 seit den Anfängen im Sortiment dabei. Das leckere Angebot überzeugt die Wiener bis heute. Ein richtiger Verkaufsschlager ist die Paste Ei mit Speck.

DiTech – die Computerfirma war in Österreich eigentlich fast jedem bekannt. War, weil sie 2014 Insolvenz anmelden musste. Der gebürtige Pole Damian Izdebski eröffnete 1999 zusammen mit seiner Frau Aleksandra ein kleines Geschäft im 20. Wiener Bezirk. Ab 2005 wurde es vielversprechend. Mit Fertigung von Computern und Servern bereicherte er den österreichischen Markt und schaffte es sich nicht nur über Wasser zu halten, sondern erreichte den Status zweitgrößter Computerhersteller in Österreich (nach HP). Bis 2013 gelang es dem polnischen Informatiker österreichweit 22 Filialen mit 250 Mitarbeitern zu besitzen. Der Umsatz betrug 135 Millionen Euro. 2009 war DiTech der beste Computerhändler in Österreich und gewann dafür den Entrepreneur des Jahres-Award von Ernst & Young. Zu schnelles Wachstum, das Nichtvorhandensein eines Investors und ein übertriebenes Streben nach Perfektion, wie Izdebski selbst sagt, haben zum Untergang des Unternehmens geführt. Nachdem er das Buch „Meine besten Fehler” schrieb, raffte er sich auf und fing wieder bei null an. „Techbold” – sein neues, bislang einziges Geschäft. Im 20. Bezirk, wo sonst. (Biber-Interview mit Damian Izdebski könnt Ihr hier nachlesen: http://www.dasbiber.at/content/seine-besten-fehler)

Polnische Solaris-Busse düsen durch europäische Städte, wie Berlin.

Die Modekette LPP, zu welchen die Marken Reserved und Mohito zählen, ist eins der am schnellsten wachsenden Unternehmen in dieser Branche. Nach Erfolgen in Mittel- und Osteuropa, wagt man sich auf den westlichen Markt.

Der polnische Haushaltsgerätehersteller Amica exportiert 60% ins Ausland, darunter 21% nach Deutschland.

Bei Bipa gibt’s polnische Cremes von Ziaja.

Die Limo aus natürlichen Zutaten John Lemon und das Erfrischungsgetränk meiner Kindheit Frugo stillen bereits im Westen den Durst.

Die These, dass westliche Produkte aus der Perspektive eines Polen, sehr beständig und von hoher Qualität sind, bestätigt sich oftmals. Gar keine Frage. Dennoch hat man keinen Grund, sich für die eigenen zu schämen. Während die österreichische Bevölkerung die Produkte aus der Heimat schätzt, werden die Polen noch Zeit zum Umdenken brauchen. Zu schade, dass häufig erst der Erfolg polnischer Produkte im Ausland, die Polen dazu veranlasst, sich für diese zu entscheiden.

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