Demonstrationsverbot vor dem Grand Hotel: Menschenrechtsverletzung?

18. Juni 2021

„Wir sind verärgert und machen deswegen heute eine Spontan-Kundgebung, um zu zeigen: Die Menschenrechte sind unteilbar! Und ganz sicher nicht, weil iranische Ausgesandte sich scheinbar gestört fühlen von der Lautstärke der Demonstrierenden, während sie in einem abhörsicheren, schallgedämpften Raum sitzen.“, zeigt sich der Grüne Landtagsabgeordnete Nikolaus Kunrath empört.

Hintergrund dieser Kundgebung auf der gegenüberliegenden Straßenseite des Grand Hotels in Wien ist ein Verbot für Protestversammlungen vor dem Hotel, wo seit April die Atomverhandlungen mit der iranischen Regierung abgehalten werden. Die Wiener Polizei hat Demonstrationen von Anhängern des Nationalen Widerstandsrates Iran (NWRI) und anderen aktivistisch-tätigen Exiliranern mit der Begründung, die Atomverhandlungen würden durch die Lautstärke der Proteste gestört werden, komplett untersagt.

Die Community der in Wien lebenden Iraner nimmt das nicht einfach hin. Die Menschen sind wütend, weil sich die Wiener Behörden ihres Erachtens nach den Forderungen des iranischen Regimes und der Unterhändler der Atomgespräche gebeugt haben. Mahbubeh ist Exiliranerin und lebt seit 30 Jahren in Österreich. Sie ist Ärztin und demonstriert heute, weil sie will, dass international Druck auf die iranische Regierung ausgeübt wird, damit diese „nicht länger mit Menschenrechtsverletzungen einfach so durchkommt und über Brennstäbe spricht, statt über Menschenleben und -rechte“. Dass Österreich durch das Aussprechen des Demonstrationsverbots ihrer Ansicht nach ebenfalls Menschenrechte verletzt, enttäuscht sie: „Versammlungs- und Meinungsfreiheit gehören doch in Österreich zu den Grundrechten der Bürger.“

Dr. Behrooz Bayat ist Vorsitzender des Komitees zur Verteidigung der Menschenrechte im Iran. Er sieht einen Zusammenhang zwischen dem Hissen der Israel-Flagge auf dem Kanzleramt und dem Demonstrationsverbot vor dem Grand Hotel: „Ich glaube, dass sie versuchen, diesen Fauxpas irgendwie wieder wettzumachen, indem sie jetzt auf das eingehen, was die iranische Regierug verlangt oder wünscht. Aber mit diesem Verbot gehen sie zu weit.“

Diese Ansicht teilt auch Kunrath: „Die Möglichkeit zu demonstrieren, muss einfach gegeben werden. Wohin soll das überhaupt führen? Müssen in Zukunft die Straßen hier gesperrt werden, damit sich die iranischen Abgesandten nicht gestört fühlen? Ist dann der nächste Schritt, dass wir nur noch auf der Donauinsel demonstrieren dürfen, weil es sonst überall zu laut ist?“

 

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