Einreiseverbot am Holocaust-Gedenktag

30. Januar 2017

1937 segelte ein Schiff mit fast tausend jüdischen Flüchtlingen Richtung Florida. Sie suchten Schutz in den Staaten. Präsident Roosevelt ignorierte sie. Sie mussten zurück nach Europa; ein Viertel von ihnen starb im Holocaust. Im Juli 1938 stellte das Fortune Magazine die Frage: "Sollen deutsche, österreichische und andere politische Flüchtlinge in die USA gelassen werden?" 67,4% antworteten mit "nein". 1939 wurde ein Gesetz vorgeschlagen, in dem 20,000 (meist jüdische) Kinder unter vierzehn Jahren Asyl in den USA bekommen würden. 80% der Amerikaner, einschließlich Präsident Roosevelt, lehnten den Gesetzentwurf ab.

Alle meine jüdischen Vorfahren sind glücklicherweise schon während und gleich nach dem ersten Weltkrieg von Litauen und Lettland in die USA ausgewandert.  Ein paar Jahre später, 1921, wäre dies unmöglich gewesen. In diesem Jahr unterzeichnete Präsident Harding ein Zuwanderungsgesetz, das die Einwanderungsquote von Osteuropäern von 685,000 bis auf 175,000 Immigranten beschränkte. Darunter litten viele Juden, die von der christlich amerikanischen Bevölkerung als "potentielle Nazi Spione" gesehen wurden.

Vor zwei Tagen, am 27. Januar 2017, am Internationalen Holocaust-Gedenktag, unterschrieb der neue Präsident der USA, Donald Trump, wieder ein Zuwanderungsgesetz. Wieder richtete sich das Gesetz gegen die Bevölkerung, die am meisten Asyl benötigt. Wieder verdächtigen viele Amerikaner diese Flüchtlinge, dass sie Staatsfeinde wären und die USA übernehmen wollen würden.

Heute sehen wir die Juden im Holocaust berechtigterweise als Opfer. Als Schafe, die zu ihrer eigenen Schlacht mussten. Wir sind keine Zerstörer des Staates mehr. Keine Spione. Heute sind andere schuld. Dunkle Haut, islamischer Glaube. Derselbe Gedanke, aber andere Wörter.

Natürlich kann man sich nie 100% sicher sein, dass alle Asylwerber gute Menschen sind. Aber würde man im Nachhinein wirklich noch zweifeln, ob es unter den jüdischen Flüchtlingen Nazisympathisanten gab? Genauso wenig kann man sich sicher sein, dass weiße Christen die perfekten Menschen sind. Ich habe in Colorado Springs studiert, einer Stadt, in der innerhalb von einem Jahr zweimal ein weißer Christ auf die Straße ging, um wahllos Menschen abzuknallen. 

Aber nicht nur in der absurden Trump Regierung schürt man Angst vor Ausländern. Hier in Österreich ist es kaum besser. Ihr, mit eurer 6-prozentigen Arbeitslosigkeit und Panik vor einem Anschlag. Ihr seid keine Opfer. Die Opfer sind Mohammed-namige, Hijab-tragende, Inshallah-sagende Personen, die euch so verdächtig erscheinen. Die Opfer sind diejenigen, die zwischen den Bomben von Diktatoren und radikalen Islamisten um ihr Leben kämpfen müssen. Die verhungern müssen. In den Krieg ziehen müssen. Ihre Familie verlassen müssen. Aber vielleicht braucht es wieder ein paar Jahre, bis wir verstehen, dass das Opfer sind.

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Kommentare

 

die USA ihre Einreisebestimmungen festlegen, ist zunächst einmal alleine deren Angelegenheit.
In Europa sollte man sich jetzt ohnehin besser auf die relevante Frage konzentrieren: Wie will Europa mit der Frage der aktuellen Migration umgehen?

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