FPÖ-Demo: Wie ich mit einem serbischen Rechten ins Gespräch kam

19. April 2016

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fpö demo floridsdorf
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

„Na, was treibst du hier?“, so oder so ähnlich spricht mich ein Mann Ende Zwanzig an. Keine Glatze, keine auffällige Kleidung, er wirkt ziemlich sympathisch. Ich kann mich nicht an seinen ganz genauen Wortlaut bei der Begrüßung erinnern, weil ich in diesem Moment von etwas ganz anderem fasziniert war: einem riesigen Ratko Mladic Plakat.

Wir kommen ins Gespräch. „Ich weiß eh, dass du eine Linke bist, aber ist nicht so schlimm“, erklärt er mir. Ich kenne seinen Namen nicht, nennen wir ihn für diesen Beitrag Dragan. Er ist in Gesprächslaune. „Merkt man mir das so sehr an? Wie würdest du dich bezeichnen?“, frage ich zurück. „Rechts. Ganz klar“, antwortet er. „Und ja, man merkt es dir sofort an.“

Drei Festnahmen

Gestern war ich auf der FPÖ-Demo in Floridsdorf, meine dritte Veranstaltung gegen Flüchtlinge in wenigen Wochen. Etwa 450 kamen zur FPÖ-Veranstaltung, rund 500 zur Gegendemo. Vor Ort waren circa 350 Polizisten im Einsatz. Zum zweiten Mal in einem Monat riefen die Freiheitlichen zur Demo „gegen Massenquartiere“. Drei Teilnehmer der FPÖ-Kundgebung seien wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und tätlicher Angriffe gegen Beamten festgenommen worden, sagte Polizeisprecher Thomas Keiblinger.

Polizeit Tweet

Aber fangen wir von vorne an: Als ich ankomme, werde ich erst einmal von einem Haufen Polizisten begrüßt. Um 17 Uhr ist auf dem Franz-Jonas-Platz noch nicht so viel los. Die Sperre, die FPÖ-Anhänger und die Gegendemonstranten trennen soll, steht schon. Ich steuere auf die FPÖ-Seite und verbringe dort den Großteil des Abends.

Die Hälfte der Zeit streame ich live, hier anzusehen, danach ist mein Internet alle und ich greife auf die übliche Variante zurück: Ich beobachte, schreibe mit und unterhalte mich mit Anwesenden. Die Reden von Klubobmann Nepp, Stadt-Vize Gudenus und Parteichef HC Strache sind alle sehr ähnlich wie frühere Ansprachen, deswegen konzentriere ich mich nicht nur darauf. Falls ihr trotzdem genauer wissen wollt, was so gesagt wurde, könnt ihr euch die Reden auf unseren Live-Streams ansehen.

„Willst du mit uns die Linken aufmischen?“

Wie sich im Laufe des Abends herausgestellt hat, war ich nicht die Einzige, die beobachtet hat. Drei Mal sind FPÖ-Anhänger auf mich zugekommen: Ein älterer Herr wollte mich anzeigen, falls er im Live-Stream zu sehen ist. Davor hat er mich dazu gedrängt, eine Petition gegen das Notquartier in der Siemensstraße zu unterzeichnen - ich habe kopfschüttelnd abgelehnt. Drei Jugendliche, die ich übrigens schon bei der Pegida-Demo am Samstag gesehen habe, haben mich gefragt, ob ich „mit ihnen die Linken aufmischen will“ und der Letzte, der mich beobachet hat, ist Dragan.

Durch ihn komme ich an den Mladic-Fan. „Bist du FPÖ oder was machst du hier?“, fragt er mich skeptisch, bevor ich überhaupt irgendetwas sagen kann. Ich weiche aus: “Sagen wir, ich bin hier, weil mich die Geschehnisse auf der Demo interessieren.“ Die Antwort reicht ihm, Radovan* legt los.
 

Ratko Mladic
Ratko Mladic werden Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Bosnien-Krieg vorgeworfen. Er muss sich unter anderem für den Völkermord in Srebrenica verantworten. Fotocredit: - / AFP / picturedesk.com


Was hat ein Mladic-Plakat auf einer FPÖ-Demo verloren?

Das ist meine erste Frage. Er erklärt: „Mladic hat schon in Bosnien und im Kosovo versucht, die Islamisierung Europas zu verhindern.“ Tito sei schuld, denn „er habe alle zu uns reingelassen.“ „Wen reingelassen?“, hake ich nach. „Die Albaner“, so Radovan. Ich kommentiere seine Worte nicht und überlasse ihm das Reden. Er erzählt mir, dass er auf jeder Veranstaltung der FPÖ, der Identitären und der Pegida anwesend ist. Als ich mich erkundige, ob es zwischen diesen Gruppierungen bzw. diesen Veranstaltungen irgendeinen Unterschied gibt, winkt er ab: „Die sind eigentlich alle fast gleich.“

Er selbst ist serbischer Staatsbürger und darf deswegen nicht wählen. Das stört ihn aber nicht. Er erklärt mir stattdessen, dass Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen, selber schuld sind, wenn sie von den Einwohnern des neuen Landes nicht akzeptiert werden. „Das heißt nur, dass sie einen Fehler gemacht haben, als sie aus ihrer Heimat geflüchtet sind.“

Als er sich zwischendurch mit Dragan auf Serbisch unterhält, frage ich ihn, ob seine österreichischen Kollegen kein Problem damit haben, wenn er nicht Deutsch spricht. „Nein, die verstehen das. Wir sind alle Patrioten“, erklärt mir Radovan. Danach spricht der 19-Jährige von Rassentrennung: „Weiße und Nicht-Weiße sollten keine Kinder haben, denn diese Kinder werden dann ohne Identität geboren.“ Außerdem habe er eigentlich nur ein Problem mit Muslimen und Menschen, die von einem anderen Kontinent als Europa stammen.

Sehr mitteilungsbedürftig

Ich merke schnell, Radovan ist mitteilungsbedürftig - wie alle anderen, mit denen ich an diesem Abend ins Gespräch gekommen bin. Wir kommen zum Schluss noch einmal auf Mladic zu sprechen. „Viele bezeichnen Mladic als Kriegsverbrecher, aber das stimmt einfach nicht“, stellt er klar.

Erst jetzt blicke ich mich um und realisiere, dass ich mich nicht mehr unter vier Augen mit Radovan unterhalte sondern mitten in der Gruppe von vorwiegend glatzköpfigen Männern stehe. Einer ruft: „Schauts, die Polizisten kommen schon ordentlich ins Schwitzen wegen uns.“ Ich weiß nicht, worauf er sich bezieht, aber langsam fühle ich mich unwohl. Als einer der Männer Radovan etwas zuflüstert und seine Stimmung daraufhin irgendwie anders ist, merke ich: Genug geredet. Ich verabschiede mich und suche das Weite. Kurze Zeit später wird diese Gruppe von der Polizei eingekesselt.

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*Name von Redaktion geändert

 

 

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