Gemischte Gefühle

19. Mai 2015

Ich stamme aus einer sogenannten bi-kulturellen Ehe. Mein Vater ist Türke, meine Mutter Deutsche. Wenn man so aufwächst, erlebt manche Sachen anders. Vor allem stellt man sich oft die Frage nach der Identität.  

Das Grundgefühl ist, dass, obwohl man in einem Land aufgewachsen ist und von der dortigen Kultur größtenteils geprägt wurde, man doch das Gefühl hat, dass da es noch etwas anderes gibt bzw. geben muss. Eine leichte innere Zerrissenheit.  Ich habe einige Freunde, die ebenfalls einen „Halb“-Hintergrund haben und sie haben mir von ähnlichen Erfahrungen erzählt.

Ich bin in Deutschland aufgewachsen und wurde sehr von der Kultur dortigen geprägt. Deutsch war bei mir zu Hause die alleinige Sprache, auch meine Erziehung war eher „Deutsch“. Trotzdem war die türkische Kultur und die Türkei immer wieder ein Thema. Sei es durch Familienbesuche oder Urlaube im Land selbst, ein Bezug war immer da, nicht groß, aber existent. Im Gymnasium kam zum ersten Mal ein verstärktes Interesse an der türkischen Kultur auf. In einer Phase, in der man sich zum ersten Mal wirklich Gedanken darüber macht, wer man ist, tauchten auch zum ersten Mal Fragen über die eigene Herkunft auf.

Zerrissenheit macht offen

Richtig stark wurde das Interesse mit Anfang zwanzig. Ich begann mich intensiv mit der türkischen Kultur zu beschäftigen, hatte großes Interesse an dem Land selbst und versuchte so oft hinzureisen wir nur möglich. Doch auf die Dauer merkte ich, dass es manche Aspekte an der Kultur und an dem Land gab, die ich nicht verstehen konnte. Vieles blieb mir fremd, egal wie offen ich versuchte zu sein. Irgendwann erkannte ich doch, dass diese scheinbar zweite Seite von mir nicht in dem Maß existierte, wie ich es mir gewünscht hatte. Diese Erkenntnis war zum einen befreiend, aber auch schmerzhaft.

Mit der Zeit habe ich allerdings gelernt, die positiven Seiten meiner Herkunft zu sehen. Mein Interesse und der Wissendurst der türkischen Kultur gegenüber haben dazu geführt, dass ich auch anderen Kulturen und Mentalitäten mit großer Neugierde und Offenheit begegnen kann. So glaube ich auch dann in Bezug auf gewisse Unterschiede gelassener und toleranter zu reagieren. Ich kann mich überall gut anpassen, auch wenn ich mich nirgendwo ganz zu Hause fühle. Durch meinen Hintergrund wurde ich generell zu einem der Welt sehr aufgeschlossenen Menschen. Und dafür bin ich dankbar.

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