Hip Hop - Back to the roots!

15. Februar 2017
 
Manch einer verbindet Hip Hop mit halbnackten Frauen, schnellen Autos, Bling-Bling Zähnen und Dissbattles. "Unter Hip Hop versteht jeder etwas anderes. Ich setze meinen Fokus auf kulturelle und politische Partizipation." Wir reden mit Gözde aka. Tijey, einer jungen Frau mit türkischen Wurzeln, die sich selbst und das, was ihr wichtig ist, im HipHop gefunden hat. Die studierte Informatikerin und Mediendesignerin setzt sich für Jugendliche ein, ist ehrenamtlich im "Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft" aktiv und hält auch Workshops in Jugendzentren als Hip Hop Tanzlehrerin. 
 
Auch wenn Gözde mit ihren 28 Jahren zu den Erwachsenen gehört, hat sie zu den Jugendlichen, mit denen sie zusammenarbeitet, eine sehr enge freundschaftliche Bindung. "Das Wichtigste ist, dass sie sich verstanden fühlen." Die jungen Menschen können sich mit der jungen Türkin identifizieren. Eine Frau, die sich in der Gesellschaft durchgesetzt hat, für ihre Prinzipien einsteht und ihre eigene Philosophie weiterträgt. Sie können von ihr lernen und gemeinsam wachsen. Bei TRIPLE G, wo Gözde nebenberuflich arbeitet, geht es genau darum: eine starke Community schaffen, die aufrecht mit gesundem Selbstbewusstsein durch das Leben geht. 
 
 
Heutiger Hip Hop
 
"Mit dem heutigen Hip Hop kann ich nicht wirklich etwas anfangen. Der ist zu Kommerz und hat keine tiefgründige Message mehr. Wir müssen weg von dem MTV-Denken. Wenn man sich damit beschäftigt, was hinter dem Ganzen steht, kriegt man eine ganz andere Perspektive auf diese Musikkultur." Trotzdem, so Gözde, gibt es heutzutage sehr viele gute Rapper, die die Message weitertragen, auch wenn diese eher im Untergrund zu finden sind. Rapper wie MosDef, Nas oder Lauryn Hill sind Künstler, die dem allgegenwärtigen Bild von sexistischen Inhalten und Bling-Bling nicht entsprechen. "In ihren Texten geht es um Freiheit, Zusammenhalt, Empowerment, Zuspruch und nicht zuletzt politische Partizipation. Das ist eigentlich, was den Hip Hop ausmacht." 
 
Hip Hop als Widerstand 
 
Wenn Gözde ihre Tanzstunden hält, setzt sie sich nach der Einheit mit den TeilnehmerInnen zusammen und spricht mit ihnen über seine Entstehungsgeschichte und seine politische Funktion. Es geht vorrangig um den Sport, allerdings darf die Theorie dahinter nie zu kurz kommen. "Ich möchte einen bewussten Umgang mit dem Hip Hop schaffen." Hip Hop war früher eine Form des Widerstandes der Afroamerikaner und anderen unterdrückten Minderheiten. Sie haben Züge abgesprüht - die frühe Form des Graffiti. Als diese Züge durch das Land fuhren, konnte jeder die Messages lesen. "Der politische Aktivismus muss auch in unserer Community vertreten sein." Hip Hop ist eine Kunstform auf vielen Wirkungsebenen - Tanzen ist das Werkzeug zur Kommunikation. Für Gözde sind Politik, Widerstand und Hip Hop nicht zu trennen. "Ich wünsche mir, dass der Aktivismus in den Köpfen der Leute Einklang findet. Ich will, dass die Leute wieder nachdenken. Wir müssen wieder anfangen, zu selektieren."
 
Tanz Battle
(c) stellas imaginationz
 
 
PVC Boden und Ghetto Blaster
 
Gözde hat sich schon sehr früh mit dem HipHop auseinandergesetzt. Während der Schulzeit hat sie sich mit den Freunden in der Siedlung getroffen. "Wir haben den PVC Boden gelegt, den Ghetto Blaster angeschmissen und losgelegt.“ Abgesehen davon war sie in Jugendjahren Teil einer Rap-Gruppe. Natürlich wurden sie von den anderen als Anfängerinnen nicht so ernst genommen, es war harte Arbeit sich durchzusetzen. „Im HipHop gibt es keinen Mädchenbonus. Wenn du auf eine HipHop Veranstaltung gehst, musst du auch gegen einen Jungen antreten, zwischen den Teilnehmern gibt es keine Unterschiede."
 
 
Selbstbewusstsein und Safe Space 
 
"Ich will meinen Teilnehmern und Teilnehmerinnen Selbstbewusstsein mitgeben. Die Energie, aufzustehen. Sie stärken sich körperlich, bauen somit auch schrittweise ihr Selbstbewusstsein auf. Hip Hop ist körperliche sowie verbale Selbstverteidigung." Besonders die Arbeit mit jungen Frauen ist ihr wichtig. Sie möchte ihnen den "Safe Space" schaffen, der so dringend nötig ist. "Dieser Raum für die jungen, insbesondere marginalisierten Frauen, ist sehr wichtig. Ein Safe-Space, wo zum Beispiel Frauen ihre Kopftücher abnehmen können oder sich nicht missverstanden fühlen."  
 
Gözde ist für viele Jugendliche ein Vorbild. Eine Frau mit Migrationshintergrund, die ihren Weg gefunden hat, sich auszudrücken und sich Raum zu schaffen. Als Türkin Hip Hop zu tanzen, ist eher ungewöhnlich. "Die Identität eines Menschen setzt sich zusammen aus vielen Aspekten, wie zum Beispiel auch religiöser Zugehörigkeit. Meine Religion verlangt von mir, dass ich mich für das Positive einsetze. Die Religion schränkt mich in keinster Weise ein, ganz im Gegenteil. Ich sehe viel Bezug zwischen dem Islam und dem HipHop als Bewegung. Man muss nur die Hintergründe genauer kennen.“
 
Gözde Tijey
(c) Simon Inou
Gözde ist aktiv beim Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft und organisierte die #MuslimBanAustria Demo mit 
 
 
Für Interessierte  - ab Februar 2017 ist der nächste Hip Hop Kurs für Frauen geplant!
Anmeldung und Informationen hier:
 
Vergangene Woche war Tijey bei FM4. Ihr Interview hier:
http://fm4.orf.at/player/20170211/RC
(Unterkategorie: The Politics of Dancing-Hip Hop)
 
 
  

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