Integration auf Voralbergerisch

24. November 2017

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Die vier GewinnerInnen des Forschungspreis Integration 2017: Maria Stradner, Thomas Sommerer, Marina Nägele und Claudia Mauracher (Foto: Thomas Unterberger)

Forschen statt hetzen! Dieses Motto verfolgten die vier GewinnerInnen des Forschungspreis „Integration 2017“, der ihnen vorgestern vom Österreichischen Integrationsfond verliehen wurde.

Kaum ein Thema wird in Österreich so leidenschaftlich diskutiert wie die Integration. Nicht nur die Politik haut regelmäßig Anleitungen zur idealen Integration in unserer Gesellschaft raus (Burka-, Niqab- und Kopftuchverbot, Deutschpflicht an Schulen, etc.). Auch der Rest der Bevölkerung streitet regelmäßig darüber, wann ein Mensch mit Migrationshintergrund wirklich integriert ist. Dabei stehen Emotionen oft über den Fakten. Die Stimme der Wissenschaft wird kaum gehört. Um das zu ändern hat der Österreichische Integrationsfond den Forschungspreis Integration ins Leben gerufen. Geehrt werden hierbei StudienabsolventInnen, deren Abschlussarbeiten sich aus einer neuer Perspektive mit den Themen Migration und Integration beschäftigen. Am Mittwoch fand die Preisverleihung für die diesjährigen SiegerInnen statt: Claudia Mauracher, Thomas Sommerer, Marina Nägele und Maria Stradner.

Die Arbeit, die für mich an diesem Abend am meisten herausstach, war die von Marina Nägele. Sie beschäftigte sich mit der Rolle des Voralbergerischen Dialekts im Deutschunterricht für Menschen mit Migrationshintergrund. Das Ziel: Deutsch nicht nur in der Hochsprache zu unterrichten, sondern auch im Dialekt.

Denn während Flüchtlinge und MigrantInnen im Deutschunterricht nur Hochdeutsch lernen, sieht die sprachliche Realität oft anders aus: der Großteil der ÖsterreicherInnen, vor allem außerhalb Wiens, sprechen im Dialekt. Und wenn wir gebürtige ÖsterreicherInnen sogar Schwierigkeiten damit haben, den Dialekt auf der anderen Seite des Landes zu verstehen – z.B. WienerInnen und VoralbergerInnen -, wie geht es dann Menschen, die erst seit wenigen Jahren in Österreich leben, und Deutsch nicht als Erstsprache haben? Wäre es dann nicht besser anstatt der Hochsprache den jeweiligen Dialekt der Region, in der die KursteilnehmerInnen leben, zu unterrichten? Wäre das nicht ein schneller und besserer Weg zur Integration, wenn man auch wirklich die Sprache des Dorfs, der Stadt oder der Gegend spricht, wo man sein Leben aufbaut?

Natürlich gibt es bei dieser Herangehensweise auch Probleme: Wenn man zum Beispiel nur den Tirolerischen Dialekt lernt und dann nach Wien zieht, kann es ebenso zu Verständnisschwierigkeiten kommen. Die Hochsprache wäre in diesem Fall wohl die bessere Wahl, um einerseits verstanden zu werden und andererseits andere zu verstehen. Denn trotz der verschiedenen regionalen Dialekte ist Hochdeutsch gewissermaßen die lingua franca Österreichs.

Gleichzeitig kann man aber nicht erwarten, dass jeder plötzlich aufhört, im Dialekt zu sprechen. Denn diesen erlernen viele ÖsterreicherInnen von Kindheit an – die Hochsprache folgt oft erst in der Schulzeit. Das bedeutet auch, dass sie ihn verinnerlicht haben und nur schwer „abstellen“ können. Natürlich könnte man jetzt sagen, dass man stattdessen versuchen sollte mit seinen Kindern von klein auf die Hochsprache anstatt den jeweiligen Dialekt zu sprachen. Dadurch würde man aber die sprachliche Diversität Österreichs gefährden, und in einer Welt, in der andauernd Sprachen auf der ganzen Welt aufgrund den Folgen der Globalisierung aussterben, ist das nicht unbedingt wünschenswert.

Wie soll man dieses Dilemma also lösen?

Mein Vorschlag: Weiterhin Hochdeutsch unterrichten, aber auch darauf achten, dass man die Dialekte Österreichs miteinbezieht. In welcher Form und in welchem Ausmaß das geschehen sollte, bleibt der Linguistik überlassen.

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