Fotos von Veronika Lukashevich

In unserer Redaktion bricht scheinbar der dritte Weltkrieg aus. Wie aus dem Käfig ausgebrochene Wölfe gehen wir einander an. Zwei Seiten. Zwei Meinungen. Die eine sagt:„Natürlich können Jungs und Mädchen miteinander befreundet sein“, die andere ist davon überzeugt, dass wir von Grund auf unterschiedlich sind und der Umgang zwischen zwei Geschlechtern ein anderer ist.

Was entspricht nun der Wahrheit? Ich höre mir die Erfahrungen meiner KollegInnen an und kann mich mit (fast) allen identifizieren. Jede Aussage ist gut argumentiert und spricht für sich. Doch wem stimme ich mehr zu?

Männer und Frauen sind von Grund auf unterschiedlich

„Das geht nicht“ sagt mir einer meiner Kollegen. Er ist der Meinung, dass eine gewisse Distanz zwischen Männern und Frauen von Grund auf besteht. Die Konversationen, die zwei Kumpels miteinander bei einem Bier führen, können weder mit noch vor einer Frau stattfinden. Warum? Weil bestimmte Dinge einfach nicht gesagt werden können. Intime Dinge.

O-kay. Diese Einstellung bringt mich zum Nachdenken. Sind wir wirklich so unterschiedlich? Macht dieses eine Chromosom so viel aus, dass wir scheinbar zwei Menschengruppen angehören? Ich habe in meinem Leben viele Frauen kennengelernt, die kein Blatt vor den Mund nehmen. Verallgemeinern kann man hier nicht. Wir sind keine zerbrechlichen Wesen, die vor der großen bösen Welt beschützt werden müssen. Vor uns muss man sich nicht verstellen. Jede Frau ist unterschiedlich gestrickt – manche wünschen sich einen feineren Umgangston, sie fluchen nicht und haben auch kein Interesse daran, über intime Themen Gespräche zu führen. Sie wollen weder von deinen früheren Flammen wissen noch mit dir und deinen Kumpels abends auf ein Bier gehen. Macht sie das „typisch“ Frau? Seht ihr, mit dem Wort „typisch“ habe ich ein Problem. Jede Frau ist so, wie sie selbst sein möchte. Ob die nächste Carrie Bradshaw in High Heels und mit einem Cosmopolitan in der Hand oder ein Avril Lavigne-Fan in Turnschuhen – so wie sie ist, ist sie „richtig“.

Männer und Frauen sind gleich zu behandeln

„Ich hänge ständig mit Jungs rum und werde als Teil der Gruppe akzeptiert. Manchmal werden Fragen explizit an die weibliche Person gerichtet, um sich beratschlagen zu lassen, aber man ist wie man ist. Es wird nicht unterschieden, ob die Person ein Mann oder eine Frau ist“, erzählt mir eine meiner Kolleginnen.

Kann ich ihre Meinung nachvollziehen? Schon. Bereits in meiner Schulzeit bin ich mit Jungs um die Häuser gezogen. Beschönigt wurde nichts. Natürlich gab es hier und da mal einen Funken und man hat sich ineinander verknallt. Diese Möglichkeit ist nicht auszuschließen. Nichtsdestotrotz war meine Schulzeit größtenteils durch platonische Mann-Frau-Freundschaften geprägt. Auch meine WG teile ich mit zwei Jungs, mit denen ich mich super verstehe, ohne dass ich nachts durch ein Klopfen an meiner Schlafzimmertür aufgeweckt werde.

Was ist ein „Freund“?

Nun, grundsätzlich glaube ich daran, dass Freundschaften zwischen Mann und Frau möglich sind. Warum sie oft nicht funktionieren? Zum einen könnte es an der persönlichen Definition von Freundschaft liegen und wie nahe man sich als „Freunde“ steht. Was macht einen „Freund“ aus? Viele Bekanntschaften zu haben, die man ab und zu in der Bar auf ein Bier trifft, ist einfach. Man bietet einander keine „Angriffsfläche“ an, weil von Anfang an Distanz besteht.
Zum anderen wird es mit Freunden, die sich Besties nennen und einander alles erzählen, ein wenig schwieriger. Die Gefahr, dass an irgendeinem Punkt einer von den beiden sich in den anderen verliebt, ist groß. An dieser Stelle möchte ich aber anmerken, dass die Mann-und-Frau-können-Freunde-sein-Theorie deswegen nicht widerlegt werden muss. So schnell wie die Gefühle da sind, so schnell können sie auch wieder verschwinden. Man tauscht Flirt-Blicke aus und stellt irgendwann fest, dass daraus doch nichts wird à la "kann passieren, wir haben es probiert, aber es hat nicht geklappt. Was soll’s". Sollte eine Seite starke Gefühle für die andere entwickeln, glaube ich nicht, dass die beiden Freunde bleiben können. Egal, wie sehr diejenige Person versucht, seine/ihre Gefühle für den anderen „abzuschalten“.

Nach  zahlreichen Gesprächen und Diskussionen habe ich für mich eine Antwort gefunden. Ich bin davon überzeugt, dass Männer und Frauen miteinander befreundet sein können, vorausgesetzt beide Seiten wissen, was sie wollen und was sie sich von der anderen Person erwarten. Dies kann sich natürlich im Laufe der Zeit ändern, aber ja. So ist das Leben. C'est la vie.