„Licht ins Dunkel“-Gaudi fernab von Lockdowns und Corona-Maßnahmen: Die Politspitze beim Schunkeln

28. November 2021

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Werner Kogler und Alexander Schallenberg
Foto: Screenshot/ORF-Tvthek

Wasser predigen, Wein trinken. Während sich der Großteil der österreichischen Bevölkerung an die Corona-Maßnahmen hält und zu Hause wortwörtlich auf bessere Zeiten wartet, zieht es die „Polit-Creme-de-la-Creme“ unter dem Deckmantel des guten Zwecks zu einer schicken Gala. Nur einer sitzt daheim und recherchiert, was Ivermectin noch so alles kann. Wir wissen alle wer.

Sah man am Mittwochabend das ORF-Hauptprogramm, so wäre die Frage, ob es sich dabei um eine Reprise aus dem Jahr 2019 handelte, völlig legitim. Was man bei der „Licht ins Dunkel“-Gala nämlich zu sehen bekam: Die hochrangigsten Politiker*innen beim feierlichen Schunkeln und einer anschließenden Aftershow-Party. Und das mitten im Lockdown!

Life is life!

Es dröhnt „Life is life” von Opus aus den Fernsehlautsprechern. Die Kamera macht einen Schwenker durch die prominente Gästemasse. Unter ihnen Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Newbie-Kanzler Alexander Schallenberg, sowie Vizekanzler Werner Kogler. Hier und da noch einige Regierungsmitglieder, die ihr Unwesen bei dieser Veranstaltung treiben. Dass es bei der Gala wirklich nicht primär um Wohltätigkeit geht, demonstriert Arbeitsminister Martin Kocher ganz eindrucksvoll als er Bundesministerin Karoline Edtstadler von hinten filmt und dabei selbst gefilmt wird. Er wird später noch zum sexistischen Gespött von Austro-Twitter. Berechtigterweise.

Man klatscht also ausgelassen zum Opus-Evergreen – wenn auch außer Takt. Nachholbedarf scheint es nicht nur in Sachen Motorik und Rhythmusgefühl zu geben – nein auch in puncto Corona, hat die Staatsspitze eine kleine Auffrischung scheinbar nötig. Und nein, damit ist nicht die Boosterimpfung gemeint. Es geht vor allem um die Solidarität während einer Pandemie, die seit gut zwei Jahren von der Regierung eingefordert wird, aber spätestens durch ORF-Bobo-Veranstaltungen außer Kraft gesetzt wird. Selbst die einfühlsamen Worte von Noch-Generaldirektor Alexander Wrabetz konnten einen massiven Shitsorm nicht einbremsen: „Es findet eine Show statt, aber nicht für die Leute, die da sind, sondern für das Publikum, das eben in größerer Zahl zu Hause sitzt und von Andrea Berg bis Opus etwas Schönes erlebt.“ Und genau darum geht’s ja. Das „Publikum“ hält sich nicht nur an die Regeln. Nein, das „Publikum“ ist die Regel, während die Ausnahmen bei einer schicken Gala die Sau rauslassen.

Mundschutz: Nicht Abendkleidungs-konform

Sie unterstützen einen vierten (!) Lockdown, halten sich aber selbst nicht an die Präventionsmaßnahmen. In eleganter Abendkleidung machen sie einen auf edle Spendensammler*innen und nippen im Anschluss an erfrischenden ORF-gesponserten Drinks, während der Rest der Nation das Haus nur noch zum Arbeiten, Einkaufen, Spazieren gehen oder für dringende Notfälle verlassen darf. Eine FFP2-Maske oder zumindest ein Mundschutz schien übrigens nicht zur schicken Garderobe zu passen, weswegen man gänzlich darauf verzichtete. Lediglich die Mitarbeiter*innen, sprich Kellner*innen und die Kameraleute, hielten sich an die Maskenpflicht, wie man auf Twitter sehen konnte.

Das Ganze wäre jetzt weniger dramatisch, würden die Wogen aufgrund der vielen Lockdowns, der Kurzarbeit, der Impfthematik und der generellen Existenzängste der Bevölkerung nicht ohnehin schon hochgehen. Mit der Diskussion rund um offene Skilifte wird der Ruf nach einem „Zweiklassen-Lockdown“ zudem immer lauter. Der ausgelassene Gala-Abend war für die Nachtgastro, die Kulturszene und Künstler*innen ein Schlag ins Gesicht, der die Kluft in der Bevölkerung nun noch größer macht. Die kleine „Licht ins Dunkel“-Gaudi zeichnet weiter an dem paradoxen Bild der neuen Realität in Österreich rund um Ausnahmen für besser Betuchte, Prominente und Co.

…dann sollen sie doch Kuchen essen!

Klar lässt es sich argumentieren, dass es hier ausschließlich um den guten Zweck ging, dass Geld für Bedürftige gesammelt wurde und man sich an ein strenges 2-G-konformes Sicherheitskonzept hielt. Rechtlich ist man ohnehin auf der sicheren Seite, da der ORF argumentiert, bei der Aufzeichnung habe es sich um keine verbotene Veranstaltung, sondern eine Produktion gehandelt. Somit hätten alle Anwesenden mehr oder minder nur ihre Arbeit verrichtet. Warum sie dabei nicht verordnungsgemäß Mundschutz trugen, bleibt weiterhin ungeklärt. In den Ohren eines Normalbürgers, der sich vielleicht sogar wieder in Kurzarbeit befindet, klingt das alles aber nach blankem Hohn.

Und was hat das Ganze gebracht? 3.372.150 Euro! Eine beträchtliche Summe, die bestimmt auch zustande gekommen wäre, wenn unser Präsident und Kanzler via Livestream von ihren Balkonen geklatscht hätten. Wäre amüsanter gewesen und hätte deutlich weniger Öl in unseren ohnehin schon sehr explosiven gesellschaftspolitischen Status-Quo gegossen.

Übrigens: Im Jahr 2014 wurden weltweit 115 Millionen Dollar Spendengelder gesammelt und das nur, indem sich Leute einen Kübel Eiswasser über den Kopf gossen. Vielleicht würden genau das einige österreichische Politiker*innen wieder benötigen: einen kühlen Kopf.

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