Nepal - Erheben nach dem Beben

16. Juli 2015

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Nepal Freiwillige Arbeit Philipp Grüll
Philipp Grüll

Vor 10 Tagen flog ich als freiwilliger Helfer nach Nepal, aus Weltenschmerz wie auch aus Neugierde. Doch dieses Land braucht mich nicht. Es braucht uns alle.

 

Untrainierte freiwillige Helfer sind meistens nutzlos, und ich bin einer davon. Ich konnte Nepal nichts bieten außer zwei starke Arme, hohe Sonnenresistenz und noch höhere Motivation. Ich sollte dort Häuser bauen. Von Statik oder Siedlungswasserwirtschaft hatte ich aber keinen Plan. Ich flog trotzdem. Teils weil die Organisation, mit der ich reiste, einen guten Ruf genießt. Und teils, weil in mir eine Frage lichterloh brannte. Wie reagiert ein Land auf ein Erdbeben der Stufe 7.8?

Inzwischen sind 48 Tage seit der letzten großen Erschütterung vergangen, und in der Hauptstadt Kathmandu geht das Leben in geregelten Bahnen weiter. Auf den Straßen spielen Motorräder und Autos eine Art reales Need for Speed, Tuktuks zwängen sich um Haaresbreite durch enge Gassen, und eifrige Händler halten mir ihre handgemachte Ware vor die Nase. Was bei meinen 1,95 m Körperhöhe übrigens eine respektable Leistung ist, die Durchschnittsgröße hier liegt bei 1,63 m. Aber von natürlichen Gegebenheiten lässt sich dieses Volk eben nicht unterkriegen.

Nepal, Erdbeben
Philipp Grüll

Besonders deutlich habe ich das in Gaujini erlebt. Dieses und andere Dörfer hat das Beben hart zugerichtet. In manchen Siedlungen steht nichts mehr, die Bewohner schlafen in provisorischen Holzkonstrukten mit Wänden aus trockenen Blättern. Jammern bringt hier nichts. Zusammen mit einer Gruppe Einheimischer standen wir Volontäre täglich um 6 Uhr morgens auf, marschierten eine gute Stunde ins nächste Dorf und bauten dort Unterkünfte. Bei 83% Luftfeuchtigkeit wiegt so ein Stein gleich mal das Dreifache. Doch die Nepali ackerten, schwitzten und scherzten. Und wir Weißkekse beschränkten uns auf simple Arbeit. Zeug schleppen können wir auch ohne Bachelor von der BoKu.

Dieses Land tut sein Möglichstes, um wieder zur Normalität zurück zu kehren. Denn Normalität bringt Touristen, und auf die ist Nepal seit jeher wirtschaftlich angewiesen. Und ich denke, durch ehrliche Berichte bar jeder reißerischen Hiobsbotschaft richte ich mehr aus als durch amateurhafte Bauarbeiten.

Hier also die Fakten: Ich bin seit 10 Tagen in Nepal. Ich bin wohlauf, habe noch (!) kein Nachbeben erlebt und kann diesen Bericht per Email versenden. Ja, Nepal ist ein Krisengebiet. Doch das bleibt es umso länger, wenn wir es alleine lassen. Ich appelliere also an risikofreudige Weltenbummler: Informiert euch gut, schätzt die Gefahren ein, und bugsiert euch mitsamt eurem Geld hierher. Oder spendet zumindest von daheim. Bitte. Dann würd ich mir wenigstens nützlich vorkommen.

 

 

 

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