Türkische Liste für die Wien-Wahl

17. Juli 2015

Bei der kommenden Wien-Wahl wollen AKP-nahe Türken mit einer eigenen Liste antreten und bekommen Unterstützung aus Ankara. Ziel ist die Vermeidung eines Rechtsrucks. Ironischerweise würde ein Antreten einer türkischen Liste die FPÖ stärker machen.

Zum ersten Mal könnte bei einer Wien-Wahl eine Gruppierung antreten, die aus Austro-Türken besteht. Der Ex-Obmann der AKP-nahen „Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD)“, Turgay Taşkiran, hat in der Tageszeitung „Die Presse“ eine Kandidatur mit einer eigenen türkischen Liste angekündigt. Angesichts des erwarteten Stimmenzuwachses der FPÖ in Wien, wolle man einem  Rechtsruck entgegensteuern, so der türkischstämmige Arzt.  

Pro-Erdoğan-Demonstration

Taşkiran ist bislang ein unbekannter Akteur in der Wiener Politik. In der türkischen Community hat er sich allerdings mit der Organisation der Pro-Erdoğan-Demonstration im Sommer 2013 einen Namen gemacht, als Recep Tayyip Erdoğan, damals noch Ministerpräsident, in Wien auf Wahlkampftour war. In Ankara wird die Ankündigung Taskirans auf Wohlwollen stoßen. Die AKP wird dadurch auf die in Österreich lebenden Türken größeren Einfluss und mehr Möglichkeiten zur Mobilisierung für die Wahlen in der Heimat haben.

Keine (überzeugenden) Inhalte

Wie sehen die Chancen einer rein türkischen Liste bei einer Wien-Wahl aus? Taşkiran hat angegeben, dass sein Programm nicht nur für Austro-Türken, sondern an alle Wähler mit Migrationshintergrund ausgerichtet werden soll. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass eine Türken-Liste auf Anhieb den Sprung in den Gemeinderat schafft. Zunächst einmal, kommt die Antrittsankündigung nur drei Monate vor den Gemeinderatswahlen und relativ kurzfristig. Es ist nahezu unmöglich, 712.000 Wiener mit Migrationshintergrund (Quelle: Statistik Austria) innerhalb von nur drei Monaten für die Wahl einer neugegründeten Liste zu mobilisieren. Zudem ist kein breitgefächertes Programm erkennbar. Lediglich einen Rechtsruck in Wien zu vermeiden und keine überzeugenden Inhalte, die die die Bedürfnisse der Menschen ansprechen (Arbeitsplätze, Wirtschaft und Infrastruktur) anzubieten ist ein naives Unterfangen. Ironischerweise würde ein Antreten einer rein türkischen Liste die FPÖ sogar stärken. Denn die würden sich darin bestätigt fühlen, dass Erdogan-Anhänger ausgerechnet in Wien ihre Politik durchsetzen wollen. Dies würde zu einer Mobilisierung der FPÖ-Anhängerschaft führen und die Blauen stimmenmäßig größer machen.

Zudem sind die Wiener Migranten eine heterogene Gruppe. Unter Ihnen befinden sich zahlreiche Personen, vor allem Kurden, die die Politik Erdoğans ablehnen und einen größeren Einfluss der AKP befürchten.

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Kommentare

 

Eine rechtsgerichtete (weil AKP-nahe) Partei will einen Rechtsruck verhindern?

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