Horrorgeschichten: Mit dem Reisebus nach Serbien.

06. Januar 2016

Mist

Mist
(c) Pixabay.com

Für manche Alltag, für andere Horrorvorstellung: mit dem Reisebus zum Balkan.

Zusammengepresst in den engen Sitzen tuckert man, abhängig, wo die Heimat genau ist, schon mal bis zu 16 Stunden aus Wien in den Süden Serbiens. Diese Erinnerungen wecken bei mir sofortige Migräne, weil ich sie wohl mit Traumata aus meiner Kindheit verbinde.

 

„Vier Stunden lang saßen wir zu dritt auf zwei Sitzplätzen. Eine Familie hatte vergessen, Plätze für ihre Kinder zu reservieren“, erzählt Dijana aus München. Sie fährt dreimal im Jahr mit dem Bus nach Nis. Aus München machen das auf einer Strecke circa 1300 Kilometer. „Ich schlafe die Nacht vor der Fahrt nie, weil ich hoffe, im Bus schlafen zu können, um  mir nicht die Lebensgeschichten von 52 Passagieren anhören zu müssen“, so Dijana. Flüge aus München nach Nis gäbe es nicht, also bleibt ihr keine andere Wahl.

 

Der Hunger in dir

 

Marko fährt fünfmal im Jahr nach Bujanovac, das tief im Süden Serbiens liegt. Aus Wien braucht er circa 15 Stunden mit dem Bus. Das Busfahren an sich störe ihn nicht, aber:

„Vor zwei Jahren im Sommer hat sich ein älterer Herr neben mich gesetzt, er sah wirklich nett aus. Nach ein paar Stunden Fahrt hat er aus seiner Tasche ein ganzes Hendl gezogen. Da hab ich geschaut. Ein Laib Brot, Ajvar und Besteck hinterher. Der hat mindestens ne Stunde an dem Hendl rumgekaut. Ein Sandwich macht’s doch auch?“.

Ja Marko, ein Sandwich macht’s auch. Seine Geschichte erinnert mich daran, dass eine Frau sich mal neben mir im Bus einen Salat gemacht hat – und ja, auch ihre Zwiebeln neben mir geschnitten hat.

 

Haben die Leute keine Zeit, ihren Proviant vorzubereiten, oder schmeckt es frisch doch am besten?

 

 

In Serbien gibt es keine Mistkübel

 

Milena aus Bijeljinje fährt nicht mehr mit dem Bus. Entweder mit dem Auto oder Flugzeug oder gar nicht. Wieso? „Ich bin immer noch sauer, wenn ich daran denke. Es ist kein Geheimnis, dass die Leute jeden möglichen Mist aus Wien nach Serbien bringen. Von Waschmaschinen über Keramikfliesen bis hin zu Mistkübeln. Mich stört das ja nicht, ich habe nur meinen Koffer. Doch diesmal wollten die Zollbeamten wissen, wem der Trockner im Gepäckraum gehört. Stille. Keine fühlte sich für den Trockner verantwortlich bzw. wollte Zollgebühren bezahlen. Deswegen hielten sie uns vier Stunden auf, bis sie den Besitzer ausfindig gemacht haben. Geht’s noch?“.

Mich wundert Milenas Geschichte überhaupt nicht. Schließlich bin ich mal mit drei bereits gegrillten Lämmern am Spieß mitgefahren. Von wegen man darf kein Fleisch in die EU importieren, dachte ich mir.

 

Ich weiß, eine Busfahrt nach "Unten" kann auch normal verlaufen. Aber entweder haben Dijana, Marko, Milena und ich immer Pech, oder es stört die anderen Fahrgäste nicht, wenn jemand neben ihnen ein Hendl isst.

 

Ich fahre nur noch mit dem Bus, wenn es anders nicht geht.

 

 

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