Zu leger, zu langweilig, zu „weiß“

14. Januar 2021

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Stolz präsentierte die US-amerikanische Vogue das Cover der Februarausgabe mit Vizepräsidentin Kamala Harris (Screenshot von @voguemagazine auf Twitter)

Seit der Veröffentlichung am Sonntag scheiden sich beim Vogue-Cover der angehenden US-Vizepräsidentin Kamala Harris die Geister. Ist an den „Whitewashing“-Vorwürfen etwas dran?

Zwei Motive präsentierte die US-amerikanische Vogue als Teaser zur Februarausgabe am vergangenen Sonntag. Das Bild von Kamala Harris im hellbauen Hosenanzug mit verschränkten Armen vor einem beigen Hintergrund galt in den Kommentarspalten sozialer Medien als eigentlicher Favorit – und entsprach auch den Wünschen des Teams hinter der zukünftigen Vizepräsidentin. Veröffentlicht wird es jedoch lediglich in der digitalen Version der Ausgabe. Letztlich landete das andere Foto, auf dem Harris vor einem pink und grün drapierten Hintergrund lächelnd im schwarzen Hosenanzug und in Chucks steht, auf der Titelseite der Februarausgabe der Vogue.

Vielerorts liest man, dass das Cover einer ersten Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten nicht gerecht sei – es habe keinen „Wow-Effekt“. Oder auch, dass gerade auf dem Cover des berühmtesten Modemagazins Converse-Sneakers nichts zu suchen hätten. Und dann gibt es noch den brisant diskutierten Vorwurf des sogenannten „whitewashings“ – Harris‘ Teint sähe ungewöhnlich hell auf dem Foto aus.

Schwarzer Fotograf schoss das Motiv

Die Kritiker ignorieren dabei aber ein ganz entscheidendes Detail: Der Fotograf, der das Cover geschossen hat, ist Tyler Mitchell. Er ist zwar erst 25 Jahre alt, aber international bekannt und schoss 2018 sogar als erster schwarzer Fotograf Sängerin Beyoncé für das Cover der Vogue. Zugegeben, dass dies erst im Jahr 2018 geschah ist ein Zeichen, dass es sehr wohl ein Diversitätsproblem bei der US-Vogue gibt. Aber es war Mitchell, der die Idee hatte, Harris vor dem pink-grünen Hintergrund abzulichten. Das waren die Farben von Harris‘ Studentenverbindung Alpha Kappa Alpha, welche die erste schwarze Studentenverbindung in den USA war. Und bezüglich des Outfits: Harris zeigte sich auch während des Wahlkampfes oft mit Converse-Sneakers und Hosenanzügen, wie sie sie auf dem Cover trägt. Tatsächlich ist es ihr eigenes Outfit, dass viele für zu wenig „Wow“ halten. Die Whitewashing-Vorwürfe sind in meinen Augen eine Übertreibung – wieso sollte ein schwarzer Fotograf gezielt Kamala Harris‘ Haut heller erscheinen lassen? Das macht überhaupt keinen Sinn. Googelt man Kamala Harris, sieht man eine ganze Menge Pressefotos, auf denen sie mal heller, mal dunkler aussieht. Dies ist durchaus normal für Menschen mit ihrem Teint.  Kreidebleich sieht sie sicherlich nicht aus auf dem Februar-Cover. Jede Kritik an dem Cover ist eine Kritik am Fotografen.

Am Ende des Tages zeigt dieser „Skandal“, wie kritisch gerade die (Selbst-)Darstellung von Frauen in der Politik gesehen wird. Man erinnere sich an den tiefen Ausschnitt Angela Merkels beim Opernbesuch, oder die „zu viel Bein zeigende“ Theresa May, die 2017 auf dem Cover der Vogue gewesen ist. Nicht alles, was ein paar hundert User auf Instagram und Co. beanstanden, ist den Trubel wert. Kamala Harris schreibt Geschichte – so oder so.

 

 

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