Was ist für euch "Heimat"?

02. April 2009
Was ist für euch „Heimat“?
 
Viele von uns verbinden den Begriff „Heimat“ mit Ländern, Städten, Landschaften, Sprachen,… etc.
Der Schriftsteller Max Frisch (Andorra, Biedermann und die Brandstifter,…) veröffentlichte in seinem Tagebuch 1966-1971 einen Fragebogen zum Thema „Heimat“.
 
Die Fragen (1-25) sollen euch zum Nachdenken verleiten!
 
(Bitte beachtet, dass ich für die Formulierung der Fragen nicht verantwortlich bin, falls euch einige unklar vorkommen.)
 
1.       Wenn Sie sich in der Fremde aufhalten und Landsleute treffen: befällt Sie dann Heimweh oder dann gerade nicht?
 
2.       Hat Heimat für Sie eine Flagge?
 
3.       Worauf könnten Sie eher verzichten:
a)      auf Heimat?
b)      auf Vaterland?
c)       auf die Fremde?
 
4.       Was bezeichnen Sie als Heimat:
a)      ein Dorf?
b)      eine Stadt oder ein Quartier darin?
c)       einen Sprachraum?
d)      einen Erdteil?
e)      eine Wohnung?
 
5.       Gesetzt den Fall, Sie wären in der Heimat verhasst: könnten Sie deswegen bestreiten, dass es Ihre Heimat ist?
 
6.       Was lieben Sie an Ihrer Heimat besonders:
a)      die Landschaft?
b)      dass Ihnen die Leute ähnlich sind in ihren Gewohnheiten, d.h. dass Sie sich den Leuten angepasst haben und daher mit Einverständnis rechnen können?
c)       das Brauchtum?
d)      dass Sie dort ohne Fremdsprache auskommen?
e)      Erinnerungen an die Kindheit?
 
7.       Haben Sie schon Auswanderung erwogen?
 
8.       Welche Speisen essen Sie auf Heimweh (z.B. die deutschen Urlauber auf den Kanarischen Inseln lassen sich täglich das Sauerkraut mit dem Flugzeug nachschicken) und fühlen Sie sich dadurch in der Welt geborgener?
 
9.       Gesetzt den Fall, Heimat kennzeichnet sich für Sie durch waldiges Gebirge mit Wasserfällen: rührt es Sie, wenn Sie in einem andern Erdteil dieselbe Art von waldigem Gebirge mit Wasserfällen treffen, oder enttäuscht es Sie?
 
10.    Warum gibt es keine heimatlose Rechte?
 
11.    Wenn Sie die Zollgrenze überschreiten und sich wieder in der Heimat wissen: kommt es vor, dass Sie sich einsam fühlen gerade in diesem Augenblick, in dem das Heimweh sich verflüchtigt, oder bestärkt Sie beispielweiße der Anblick von vertrauten Uniformen (Eisenbahner, Polizei, Militär usw.) im Gefühl, eine Heimat zu haben?
 
12.    Wie viel Heimat brauchen Sie?
 
13.    Wenn Sie als Mann und Frau zusammenleben, ohne die gleiche Heimat zu haben: fühlen Sie sich von der Heimat des andern ausgeschlossen oder befreien Sie einander davon?
 
14.    Insofern Heimat der landschaftliche und gesellschaftliche Bezirk ist, wo Sie geboren und aufgewachsen sind, ist Heimat unvertauschbar: sind Sie dafür dankbar?
 
15.    Wem?
 
16.    Gibt es Landstriche, Städte, Bräuche usw., die Sie auf den heimlichen Gedanken bringen, Sie hätten sich für eine andere Heimat besser geeignet?
 
17.    Was macht Sie heimatlos:
a)      Arbeitslosigkeit?
b)      Vertreibung aus politischen Gründen?
c)       Karriere in der Fremde?
d)      dass Sie in zunehmendem Grad anders denken als die Menschen, die den gleichen Bezirk als Heimat bezeichnen wie Sie und ihn beherrschen?
e)      ein Fahneneid, der missbraucht wird?
 
18.    Haben Sie eine zweite Heimat? Und wenn ja:
 
19.    Können Sie sich eine dritte und vierte Heimat vorstellen oder bleibt es dann wieder bei der ersten?
 
20.    Kann Ideologie zu einer Heimat werden?
 
21.    Gibt es Orte, wo Sie das Entsetzen packt bei der Vorstellung, dass es für Sie die Heimat wäre, z.B. Harlem, und beschäftigt es Sie, was das bedeuten würde, oder danken Sie dann Gott?
 
22.    Empfinden Sie die Erde überhaupt als heimatlich?
 
23.    Auch Soldaten auf fremden Territorium fallen bekanntlich für die Heimat: wer bestimmt, was Sie der Heimat schulden?
 
24.    Können Sie sich überhaupt ohne Heimat denken?
 
25.    Woraus schließen Sie, dass Tiere wie Gazellen, Nilpferde, Bären, Pinguine, Tiger, Schimpansen usw., die hinter Gittern oder in Gehegen aufwachsen, den Zoo nicht als Heimat empfinden?
 
 
 

Kommentare

 

ich mag das wort heimat nicht mehr es wurde zu oft vergewaltigt und es hat kein ende!.... aber vielleicht "heim_at".... mein haus in österreich :-))

 

das Wort "Heimat" nimmt mit angehenden Alter eine unterschiedliche Bedeutung an
Als jugendlicher Migrant zB zweiter Generation, ist man ein wenig hin und her gerissen zwischen zwei Kulturen
im Prinizip ist man überall ein Fremder
aber man gewöhnt sich daran, und irgendwann denkt man nicht mehr darüber nach und nimmt es hin so wie es ist
mit zunehmenden Alter kommt das "Heimatgefühl" in einem wieder hoch und man besinnt sich wieder der alten Werte und dem ursprüglichen Heimatland
auch wenn man dort nicht geboren wurde

 

...die "alten Werte" des Heimatlandes sind sowas von "alt" vor allem am Balkan. Ich fange mit den "alten Werten" genau nichts an, im Gegenteil, wird mir richtig übel - Machoismus, Patriarchat, Dogma, Dikatur = Einschränkung aller persönlichen Freiheiten. Ehrlich, von was für "alten Werten" sprichst du? Schau dir doch unsere "Herkunftsländer" an, mit was genau soll ich mich da identifizieren?!

...Frauen werden auf Objekte reduziert - "Vaserln im Regal", da diskutieren die allen ernstes noch immer über den jungfräulichen Geburtenkanal von Frauen und das wird dann auch noch zum familiären Drama. Noch immer bestimmt irgendein männliches Familien-"Oberhaupt" wo es lang geht. Noch immer schreien defekte Y-chromose nach Waffen und Gewalt. Wenn du mir mit den "alten Werten des Balkans kommt" kriege ich Panik-Attacken.

...wenn genau sprechen den diese "alten Werte" unter jungen Leute den noch an?! Wir sitzen alle und warten nur drauf, dass endlich der Generationswechsel kommt, die eine positive Veränderung in richtung Frieden und Toleranz bringt.

 

Heimat ist da wo ich mich wohl fühle.

 

Wenn die Intolleranz von Engstirnigen zu groß wird, dann kann auch eine Heimat zur Fremde werden

 

...ausserdem dieser ganze nostalgische Heimat-Schmafu. Ich mein, wieso sind den unsere Elter aus der eigenen Heimat ausgewandert?

Sicher nicht weil am Balkan, ach so alles super war und ist! Politische Verfolgung, Korruption des kommunistischen Etablishments haben das Land runiert und die Bevölkerung veramt vor 50 Jahren. Nach dem sozialistisch geprägten Kommunismus die noch größere Dramatik, nationalstolzer Balkan-Faschismus und Turbo-Kapitalismus. Heute politisch motivierte Morde, Korruption, Gewalt, Rassismus, organisiertes Verbrechen die die Bevölkerung terrorisiert. Hat sich was geändert? Nein! die Zerstörung und das Leid nur noch größer.

...Heimat als identifikation einer ethnischen Gruppe auf einem bestimmten regionalen Gebiet und der dazugehörigen "Werte". Nur was ist wenn man sich mit nichts mehr "identifizieren" kann und man erkennt irgendwann mal, dass vieles davon nur heuchlerisch ist.

 

benko danke für den super blog.

hab für dich in einem gedicht über heimat geschrieben. :)

Heimat, wo bist Du?

Was bedeutet Heimat? Sag es mir, Mama!
Warum sprichst du zu mir, als wäre es ein Drama?
Woher kommst Du? Was bist Du?
Welche Antwort soll ich geben?
Sag du sie mir, Mama, um mir die Last zu nehmen.

Ich bin doch noch so jung, lebe zwischen zwei Welten.
Die eine bist Du, wo andere Regeln gelten.
Die andere spricht nicht die Sprache, die du kennst,
die du Zeit meines Lebens meine Muttersprache nennst.

Da ist diese Tür, die ich ständig beschreite,
und ich an dieser Schwelle mit mir selbst streite.
Wo ist dieser Ort, der sich die Heimat nennt?
Wo find’ ich dieses Land, wonach DEIN Herz sich sehnt?

Mama, wenn ich dich frage, ziehst du mich zu dir,
verleugnest eine Seite, den anderen Teil von mir.
Eine fremde Sprache, die dein Kind zu dir spricht,
ist wie ein Stück der Heimat, der aus dem Herzen bricht.

Meine Wiege, Mama, stand im fremden Land.
Deine Heimat, Mama, hab ich doch nie gekannt.
Ich kann nicht verstehen, warum du traurig bist,
da dieses fremde Land doch ein Teil von mir ist.

Mit meiner Botschaft, Mama, die ich dir nun sende,
findet dieses Drama sein endgültiges Ende.
Mama, versteh doch, meine Heimat bist du!
Mit dieser einen Antwort kommen wir zur Ruh’!

 

ein wunderschönes Gedicht...

Viele Menschen assoziieren "Heimat" zwingend auf ein Territorium, dass aber muss nicht sein.
Die Eltern, Geschwister oder andere Menschen im Leben können die "Heimat" sein.

 

Wo man meine liebe Muttersprache spricht, da ist meine Heimat!

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